Rifai

Amir und seine weiteren acht Geschwister sind "meine Familie" auf Lombok.
Die sechs Ältesten sind inzwischen verheiratet und teilweise ganz gut versorgt. Amir war früher mein Stellvertreter, wenn ich nicht dort sein kann; inzwischen macht das sein jüngerer Bruder Rifai (geb. 1991). Er verwaltet ein Sparbuch und sorgt dafür, dass alle Schülerinnen und Schüler versorgt werden.

Die zu betreuenden Stipendiat*innen besuchen ihn und seine Frau jeden Freitag an ihrem Häuschen; alle ein bis zwei Wochen fährt Rifai in die Stadt, zu Schulen und zum Großhändler.

Amirs Unfall

Ich hatte ihm seit der 3. Klasse die Schule bezahlt, später auch ein Zimmer und den gesamten Lebensunterhalt. Die Zustände in der kleinen Fischerhütte des Vaters waren einfach untragbar und auf dem "Fußboden" (nackter Sand des Strandes) konnte er keine Hausaufgaben machen.
1996 schloss er mit der 12. Klasse die Schule ab und begann an der Tourismus-Akademie eine Ausbildung zum Hotelkoch, die ihn in drei Jahren zum Diplom führen sollte.

Im Februar 1997 raste ein Auto, das ihn aus der Stadt mit nach Hause genommen hatte, gegen einen Baum - wenige Wochen nachdem ich Lombok verlassen hatte und nur 30 Meter von dem Hotel, in dem ich wohnte. Amir wurde mit gebrochenem Oberschenkel ins Krankenhaus gebracht. Er hatte aber solche Angst vor einer Operation, dass er am nächsten Tag wieder nach Hause fuhr. Bei einem der traditionellen Heiler (denen hier leider so viele Leute vertrauen) ließ er sich massieren.
Als ich im Sommer wiederkam, war der Knochen falsch zusammengewachsen, das Bein war krumm und zu kurz. In einer Operation wurde das Bein erneut gebrochen und mit einer Schiene gerichtet.
Im Frühjahr 1998 rutschte er auf einer nassen Treppe aus - und brach sich das Bein erneut. Er war so schwer gestürzt, dass sogar die Schiene innerhalb des Oberschenkelknochens verbogen war. Und wieder ging er nicht ins Krankenhaus, sondern wartete, bis ich im Sommer nach Lombok kam.
In einer weiteren Operation wurde die krumme Schiene entfernt und das Bein eingegipst. Doch inzwischen war der Knochen so weit geschädigt, dass er nicht mehr zusammenwachsen wollte. Bis 1999 lief er mit einem "biegsamen" Oberschenkel auf Krücken.
In einer weiteren Operation 1999 bekam er wieder eine Schiene. Doch das inzwischen stabile Bein ist nun einige Zentimeter zu kurz.

Zwischenzeitlich war er immer wieder zum Unterricht gegangen und hatte sogar an Trainings und Praktika teilgenommen. Doch nun wollte ihn die Schule nicht mehr: Nicht nur, dass er hinkend keine Chance hätte, Koch in einem guten Hotel zu werden; auch die Schule wollte keinen hinkenden Schüler (!).

Er muss seine Frau und seine Kinder (inzwischen sind es vier Söhne; und seit August 2015 hat er eine Tochter!) mit Gelegenheitsjobs ernähren; seit ein paar Jahren ist er Bootsführer für Tagesausflüge zu den "Schnorchel-Inseln". All die Jahre der Ausbildung haben ihm nichts genützt...

 


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