10.03.03
(Originaltext meines Tagebuchs. Erklärungen und Aktualisierungen habe ich in blau eingefügt.)
Nach dem Frühstück wollten wir ein Zimmer besichtigen, aber der Vermittler war nicht da, wir wurden auf später vertröstet - und für den Rest des Tages tat sich gar nichts mehr.
Beim Hausarzt zahlte ich für das gestern dort abgegebene Mädchen, dann holte ich die bestellten Fotos ab (Bartaman-Geschenk) und ging ans Internet.
Im Bir Hospital fragte ich zunächst den Gipser um Rat wegen Rajus schmerzender Schulter: Röntgen lassen. Also den beim Röntgen abgegeben, bezahlt, zurück ins Krankenhaus. Kurz Schlange gestanden für die Tickets der beiden Jungs, die ich schon vom Frühstück vorausgeschickt hatte, sich vor dem HNO in die Schlange zu setzen. In der Deutschen Apotheke Medikamente abgegeben und mich informiert über einen Dialyse-Patienten, dessen Frau zu uns gekommen war, damit wir ihren beiden Töchtern die Schule zahlen.
Hoch zu den Kindern vor der HNO; und da sie bereits zum vordersten Platz aufgerückt waren und schon andere vorbeigelassen hatten, kamen wir bald dran. Maila hat Nebenhöhlenentzündung und bekam Medikamente; das Wachs in den Ohren des Taubstummen ist noch nicht genug aufgeweicht und wir müssen am Donnerstag wiederkommen. In der Schlange vor dem anderen Untersuchungszimmer saß auch Shanti mit ihrer Mutter; die traf ich dann später wieder vor der Apotheke.
Als wir auf den Aufzug warteten, kam Raju von unten: Das äußerste Ende des Schlüsselbeins ist gebrochen. Also wieder zum Gipser; der wollte den Rat eines Arztes; also raus und ein Ticket geholt, zum Gipser, zum Arzt, einen Stock höher in die Dt. Apotheke und ein Dreiecktuch geholt; der Gipser legte ihm das richtig an, um den Arm zu fixieren. (3 Wochen; nur zum Schreiben der Versetzungsprüfungen darf er den Arm auf dem Tisch liegend aus der Schlinge nehmen.)
Raus und in der Apotheke die Medikamente für alle gekauft und Saugats letzten Besuch abgerechnet. Shantis Mutter Geld für Anjanas Brille mitgegeben.
Endlich zu der verbrannten Frau auf die Station. Sie schlief, wurde leicht wach; der Vater saß schlafend am Fußende und wachte erst etwas später auf. Kurz unterhalten; alles OK; ich blieb nicht lange. Dr. Joshi, den ich sprechen wollte, war im OP; und die Schwester, die ich fragte, sagte mir, dass sowohl sie als auch er sich hintergangen fühlten, weil diese so völlig mittellosen Leute, denen sie fast alles kostenlos geben, seit gestern ein nicht billiges Stereoradio mit Cassettenteil auf dem Bett stehen haben - angeblich von geliehenem Geld gekauft, weil ihnen so langweilig war...
Kurz auf die Station der plastischen Chirurgie: Der Junge war irgendwo unterwegs; aber die Schwester sagte mir, dass die Verwandten immer noch nicht zurückgekommen seien. (Ein Zehnjähriger mit verbundener Hand und nur noch drei Fingern; Unfall. Der sollte am gleichen Tag wie Saugat operiert werden. (7. März) Am Tag vor der OP waren seine Verwandten ins Heimatdorf gefahren um Geld zu holen - und bis heute nicht wiedergekommen; und ich werde den Verdacht nicht los, dass sie nie wiederkommen werden und den Jungen einfach im Krankenhaus "abgegeben" haben; es wird sich schon jemand kümmern...)
Im Dauerlauf nach Hause; 13.10 Uhr - und da wurde ich sofort mit einem neuen Notfall überfallen: Krishna Rai, ein Freund von Hopsi-Binod und Nachbar von Shyam Giri, hatte tiefe Schnittwunden im Arm; angeblich schon gestern ein Streit zu Hause; mehr wusste niemand. Binod hatte ihn zu mir gebracht, um die Hand eine Plastiktüte gebunden, die schon voll Blut war und schon überlief. Der Junge torkelte wie besoffen, setzte sich, fiel um, war fast ohnmächtig. Jugendliche organisiert und instruiert, einen Brief an meine Stamm-Apotheke geschrieben, verzweifelt versucht, einen 500-Rupien-Schein zu wechseln. Raju versuchte, ein Taxi zu finden; keines wollte fahren. Binod ging; es dauerte lange; endlich kam er mit einem Taxi, das zu überhöhtem Preis zu fahren bereit war.
Ich ging mit den anderen Kindern nach oben, begann den üblichen Betrieb. Anfangs blieb es recht ruhig. Eine Frau kam wie bestellt, um mit dem Sir ("Sir" ist der von mir angestellte Lehrer) über ihren Sohn zu sprechen, den wir neu aufnehmen sollen; aber heute kam der zu spät. Als er kam, ein langes Gespräch; er fand den Schüler (den Dhurba Subedi uns empfohlen hatte) OK, ging dann mit der Frau zu denen nach Hause, um sich die Wohn- und sonstigen (finanziellen) Verhältnisse anzuschauen. Spät kam er wieder: Der Schüler hatte "unsere Aufnahmeprüfung" bestanden.
Später kam, wie bestellt, aber zu spät, um den Sir zu treffen, Sudips Mutter: Die hatte ihn rausgeschmissen und er wohnte seit 8 Tagen bei uns, geht von uns aus zur Schule; und bittet, in ein Heim aufgenommen zu werden. Doch nun war die Mutter bereit, ihn wieder aufzunehmen; wir unterhielten uns noch über alles Mögliche, die Schulgebühren, die jüngeren Geschwister, den saufenden und prügelnden Ehemann...
Um 15 Uhr hatte ich, da "mein Abholer" Namraj gerade erst aus dem Krankenhaus zurückgekommen war, wo er sich um den Jungen mit dem aufgeschnittenen Arm gekümmert hatte, Shankar geschickt, die beiden kleinen Söhne der verbrannten Frau von der Schule abzuholen: Die waren heute nicht in der Schule gewesen! Namraj hatte sie bis ans Tor des Hofes gebracht und wusste auch nicht mehr. Da der Ältere schon mehrmals geklagt hatte, dass die hiesigen Kinder ihn necken und er lieber im Krankenhaus wohnen wolle, schickte ich Kedar dorthin, um zu schauen, ob sie dort eingetroffen seien. Nun kam er mit der schlechten Nachricht zurück: Sie waren gegen 15 Uhr dort angekommen; der Vater hatte sie (angeblich) alleine zurück zu mir geschickt. Und sie waren nicht angekommen. (Und der Vater sagte erst gestern Kedars Mutter, dass er die Frau, sobald sie gesund sei, verlassen wolle und mit seinen beiden Söhnen in ihr Dorf zurückkehren werde. - So liegt also der Verdacht nahe, dass der Vater die beiden heute "abkassiert" und bei Freunden oder Verwandten untergebracht hat - ?)
Ich konnte nicht mehr konzentriert arbeiten, verbrachte den (kleinen) Rest des Nachmittages mit unwichtigem Kleinkram. (PS am nächsten Tag: Sie waren zu einer Freundin der Mutter gegangen, schwänzten auch am nächsten Tag die Schule, gingen wieder ins Krankenhaus, wo zwei unserer Jugendlichen sie fanden, nachdem sie in der Umgebung ihres Zimmers weitere Informationen eingeholt hatten. Der Kleine war glücklich, wieder zu uns zu dürfen; der Größere weigerte sich und blieb im Krankenhaus.)
Als dann beim Abendessen auch noch Sandeeps Mutter aufkreuzte, um ihn mal wieder einzufangen; und er und unsere vier Kleinen völlig voll Leim, teilweise völlig unzurechnungsfähig und halb ohnmächtig ankamen, dachte ich, mir platzt bald der Kopf.
Arjun tobte, wollte gehen, wäre dazu aber gar nicht in der Lage gewesen. Zunächst hielt ich ihn fest; als die Kinder gegessen hatten, übernahmen zwei der Größeren das, so dass ich essen konnte. Er tobte, schrie, weinte, schlug um sich. Während dessen waren die drei anderen schon wieder draußen am Schnüffeln (wie wir erst kurz darauf im Hotel erfuhren). Arjun hatten wir bis zum Hotel tragen müssen; aber eine halbe Stunde später ging es ihm etwas besser, er aß etwas und war wieder fast-nüchtern. Dafür war inzwischen Dhurbe fast weggetreten.
Gegen 21 Uhr hatte sich alles beruhigt, sie spielten am Computer und Karten; und kurz nach 22 Uhr schickte ich alle ins Bett.
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Letzte Aktualisierung: 11.3.2003.