Die Informationen hier können nicht vollständig sein. Sie gehen oft davon aus, daß Ihr die Vorgeschichte kennt.
Bitte lest die Jahresberichte vom Oktober 2002 und September 2003 und die genaueren Berichte, auf die dort hingewiesen wird.
Oder geht über die Schaltfläche "Gesamt-Inhalt und ältere Berichte" ins Archiv der "Ergänzungen zu den Jahresberichten", in denen ich während der Reisen immer ganz aktuell berichtete.
(Von unten nach oben zu lesen!)
29.4.2004: Noch keine endgültigen Ergebnisse... Aber Zeit, Euch einen kleinen Zwischenbericht zu geben, ein paar Meldungen der letzten drei Monate zu ergänzen und zusammen zu fassen...:
- Von den 23 Kindern, die die erste Tetanus-Spritze bekamen, konnte ich in der Woche vor meinem Heimflug 20 Kindern die zweite Spritze geben lassen; drei Kinder konnte ich leider nicht erreichen. Nun hoffe ich, dass diese 20 im Herbst (bzw. bis spätestens März 2005) auch die dritte Spritze bekommen werden.
- Der Junge, dessen Mutter "beleidigt" ist (siehe 1.März), hat inzwischen "heimlich" Kontakt zu unserem Lehrer aufgenommen: So lange die Mutter alles bezahlen kann, ist das o.k.; aber wenn er wegen finanzieller Probleme die Schule aufgeben müsste, werden wir uns wieder "einmischen",
- Der kleine Junge mit der Knochemarkentzündung (siehe 12.2.2004) braucht für mindestens drei Monate Antibiotika. Im Mai wird unser Lehrer mit ihm wieder zu den Ärzten gehen und versuchen, ihn operieren zu lassen.
- Das Handy war "die geniale Erfahrung": Ich habe in den 2½ Monaten insgesamt 7¼ Stunden telefoniert - ausschließlich für die oder im Interesse der Kinder. (Und nun ist dieses Handy bei unserem Lehrer, so dass die Notfall-Telefonnummer auf ihren Ausweisen den Kindern auch während meiner Abwesenheit hilft.)
- GESTERN hat mir jemand ein weiteres Handy zur Verfügung gestellt, das ich nun mit nach Indonesien nehmen werde!
- Zwei alte Notebook-Computer wurden mir inzwischen zur Verfügung gestellt. (Und zwei weitere habe ich in Aussicht.) Auch habe ich schon Zusagen von Freunden, die im Herbst nach Nepal fliegen und mir diese Notebooks mitbringen werden. - Zwar sind diese Computer so alt, dass sich die Idee eines kleinen Netzwerkes, über das ich zentral auf alles, was die Kinder lernen und arbeiten, zugreifen und eingreifen kann, vorläufig nicht realisieren lassen wird. - Aber das wichtigste Problem ist gelöst: Ab Oktober können alle Kinder jeden Tag lange genug das Schreiben mit 10 Fingern trainieren.
- Inzwischen liegen mir von 39 Schüler/innen die Ergebnisse der Versetzungsprüfungen vor: Von diesen 39 Kindern und Jugendlichen wurden 36 versetzt; drei blieben sitzen. Von den 36 Versetzten erhielt ich bisher erst von 21 alle Details der Zeugnisse: Von diesen haben nur zwei Kinder in je einem Fach "eine 5". (Mit drei Mal "Ungenügend" würde man sitzenbleiben.) Bisher haben wir keine Klassenbesten; aber dennoch freue ich mich, dass je ein Mädchen auf dem 2., 5. und 7. Platz ist; zwei Jungen Drittbeste ihrer Klasse wurden und je ein Junge den 4. und 5. Platz erreichten.
6.4.2004: Seit Samstag bin ich wieder "zu Hause" in Deutschland.
Die letzten Tage in Nepal waren recht hektisch - und haben mich sehr belastet (von Herzflimmern bis Appetitlosigkeit). Denn der derzeitige Mieter "meines Hauses" war nicht zu erreichen - er nutzt es als Lagerraum für Stoff-Rollen. Und ich würde es nicht mieten, ohne es wenigstens einmal von innen gesehen zu haben ... So lebte ich in der Angst der Ungewissheit: Würde ich dieses Haus nicht mieten, müsste ich mir während meiner Abwesenheit von Freunden und unserem Lehrer ein Haus suchen lassen - oder müsste im Herbst zunächst ohne Kinder in einem anderen Hotelzimmer leben und erst dann nach einer neuen Unterkunft suchen.
Das von mir ab September 2004 gemietete Haus:
10,50 Meter lang und 6,80 Meter breit.
(Vorne an der Ecke meine von innen zugängliche Toilette;
rechts daneben Lagerräume des Besitzers.)
Drei Tage vor meinem Heimflug gelang es schließlich, die Mitarbeiter des Mieters zu treffen und das Haus zu besichtigen. Kleine Überraschungen im Detail, aber ansonsten alles OK. Am 1. April (ausgerechnet!) unterschrieb ich einen zweiseitigen Vertrag über fünf Jahre mit Option auf 15. (Um gültig zu sein, muss dieser mit schwarzer Tinte auf traditionellem Nepal-Papier geschrieben werden; neben mehreren Unterschriften sind auch Fingerabdrücke an allen Enden notwendig.)
Seitdem schwanken meine Empfindungen vom einen Extrem zum anderen: Einmal frage ich mich, ob ich verrückt sei, einen 70 Quadratmeter großen "Schuppen mit Blechdach" auf Jahre zu mieten. - Wie viel Arbeit und wie viel Geld werde ich da noch hineinstecken müssen? Werde ich den ganzen Herbst nur mit Bauen und Einrichten verbringen und gar keine Zeit für die Kinder haben??? (Denn das ganze Haus ist ein einziger großer Raum. Zwischenwände und alles Weitere "muss" ich selber einbauen lassen.)
Zum Anderen "tanze" ich in meinen Träumen, endlich etwas "Eigenes" zu haben; denn ich DARF Zwischenwände und alles Weitere nach meinen eigenen Wünschen einbauen lassen; ich plane zur Zeit ein Unterrichtszimmer, ein Spielzimmer, einen Lagerraum, usw.). Vor allem in den letzten Tagen träumte ich von dieser Zukunft: Nie mehr ein Hotelzimmer räumen zu müssen; nie mehr alle meine Sachen in Kisten und Koffer zu verpacken. Ich werde viele Schränke haben und bei meiner Abreise einfach alles abschließen. Und wenn ich wiederkomme, werde ich nicht die erste Woche damit beschäftigt sein, alles wieder auszupacken und einzuräumen; - einfach die Schränke aufschließen und loslegen...
- Oder interessieren Euch auch solche Details?: Seit Jahren sitze ich an einem viel zu kleinen Schreibtisch mit einer einzigen Schublade, in der ich Essensgutscheine, Quittungen, Rezepte, die Wertsachen der Kinder und so vieles andere sammele (und alle paar Tage aussortieren muss); Salben und Pflaster, die ich immer greifbar haben muss, sowie die Medikamente der fest bei mir wohnenden Kinder stapeln sich auf dem Tisch neben dem Computer... - Könnt Ihr Euch vorstellen, dass ich von einem großen Schreibtisch mit vielen abschließbaren Schubladen träume?
>>> Am 7. Mai werde ich nach Indonesien fliegen - und normalerweise würde ich mich hier für einen Monat von Euch verabschieden. Aber ich werde demnächst per Mail von unserem Lehrer die Ergebnisse der Versetzungsprüfungen all unserer Kinder erhalten und Euch dann darüber berichten. - Schaut also ruhig demnächst wieder hier rein!
28.3.2004: Jetzt wird's ernst. Ich habe mit dem Vorsortieren fürs Packen begonnen und werde kaum noch Zeit finden, Euch zu schreiben. Am Freitag fliege ich zurück nach Deutschland.
Ein kleines Haus habe ich in Aussicht - aber noch nicht sicher. Darüber werde ich Euch später informieren.
Was mich sehr freute: Schon zwei Kinder (13-14 Jahre) haben sich vom eigenen Geld Disketten gekauft. Ich habe ihnen das Computer-Lernprogramm fürs 10-Finger-System zusammen mit ihrer *.HIS (der History-Datei, die sich merkt, was der Einzelne schon gelernt hat) auf die Diskette kopiert, mit der sie während meiner Abwesenheit in den Internet-Cafes (15 bis 20 Rupien pro Stunde) weiter-lernen wollen.
Die Versetzungsprüfungen der meisten Kinder sind abgeschlossen. Aber die Zeugnisse bekommen fast alle erst kurz nach meiner Abreise - und ich dann die Nachrichten per E-Mail von unserem Lehrer. Wenn ich von den meisten die Noten weiß, werde ich Euch - von Deutschland aus - darüber berichten.
Seit heute hängt dieses Plakat an einer Wand meines Zimmers,
das vor allem die neueren Kinder informiert:
1) Dass ich "am 20." (nach dem hiesigen Kalender) abreisen
werde und dass ab 18. geschlossen ist, weil ich packen muss;
2) wann ich im Herbst wiederkommen werde;
3) dass wir dann in einem anderen Zimmer wohnen werden;
4) dass die Kinder, denen wir die Schule zahlen, weiterhin zu
unserem Lehrer kommen sollen.
5) dass alle anderen Kinder während meiner Abwesenheit
nur in Notfällen Hilfe erhalten.
6) dass mein Handy über den Sommer bei unserem Lehrer
bleibt und die Telefonnummer den Kindern auch
weiterhin nützen wird.
19.3.2004: Es ist kaum zu glauben, wie schnell zwei Monate vergehen...!!!
In wenigen Tagen ist es soweit; und dann bleibt mir nur noch eine Woche bis zum Heimflug.
Zeit also, die Kinder-Datei aufzuräumen; zu schauen, bei wem mir noch Infos fehlen; - und ein paar "Queries" zu machen, die zusammenfassende Zahlen liefern:
In unseren Schul-Abrechnungen stehen im Moment 104 Kinder. - Dennoch habe ich es bisher nicht geschafft, die "magische Zahl" von 100 geförderten Kindern zu überschreiten. Denn von diesen 104 haben drei den Zulassungstest zur Abschlussprüfung nicht bestanden und wollen aus verschiedenen Gründen die 10. Klasse nicht wiederholen. (Sie werden zu arbeiten beginnen und außer in medizinischen Notfällen von uns keine Unterstützung mehr erhalten.)
Drei Kinder bzw. Jugendliche haben zu Hause so viel Ärger, dass sie dort nicht mehr wohnen wollen oder können; einer arbeitet bereits; einer sucht Arbeit, einen konnte ich in einer Pflegefamilie unterbringen.
Ein Elfjähriger hat absolut keine Lust auf Schule - und zu Hause niemanden, der ihn fördert oder fordert -; er wird die Schule aufgeben, zu Hause spielen oder helfen, bei Touristen betteln und kleine Bilder verkaufen ...
Eine Familie ohne Vater mit VIER von uns geförderten Kindern hat uns betrogen und seit Monaten keine Quittungen mehr gebracht; deren Förderung haben wir nun eingestellt.
Und der Junge, dessen Mutter "beleidigt" ist (siehe 1.März) ist bis heute nicht mehr zu uns gekommen und wird wohl auch nicht mehr gefördert werden.
So bleiben also von meinen "104" zu fördernden Schülerinnen und Schülern im Moment nur noch 92 übrig. Aber die nächsten vier Bewerbungen liegen bereits vor; und zum Beginn des neuen Schuljahres im Mai werden sicher noch weitere kommen.
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Nachmittags nimmt die Zahl der Kinder immer weiter zu. Von den 366 in meiner Datei erfassten Kindern und Ex-Kindern sind im Moment 188 "aktiv"; d.h. dass sie entweder mehr oder weniger häufig zu mir kommen; oder dass wir ihnen (auch wenn sie nur selten kommen oder nur die Eltern zum Abrechnen kommen) die Schule bezahlen.
Die Zahl der Kinder, die jeden Tag ein Mittagessen bekommen, liegt inzwischen bei mindestens 75 und maximal (bisher) 93 Kindern. (Die Zeiten, da 1000 Rupien für die tägliche Mittagessen-Abrechnugn ausreichten, sind leider vorbei; in den letzten Tagen lagen wir zwischen 998,- und 1135,- Rs.)
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Leider hat dies zur Folge, dass die Hotelchefin seit Wochen schimpft: Auch 80 Mal nur Hände waschen verbrauche mehr Wasser als früher 20 Kinder duschen. Und der Lärm und der Schmutz ... - Und im Herbst werde ich in diesem Hotel (und in diesem mir seit Jahren lieb gewordenen großen Zimmer mit seinem großen Vordach) nicht mehr wohnen dürfen.
Ich habe inzwischen einen Wächter angestellt, der auf der Hälfte der Treppe dafür sorgt, dass die Kinder ruhig und langsam rauf und runter gehen; ich erlaube den Kindern beim Duschen nur noch, ein einziges mal Seife zu benutzen (statt sich zweimal zu waschen und dann auch noch um Shampoo zu bitten); - aber es hilft alles nichts: Heute hat mir auch der sonst sehr stille Ehemann der Chefin gesagt, dass der Lärm nicht mehr zu ertragen sei und ich gehen müsse.
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Jahrelang habe ich mich dagegen gewehrt, ein Zimmer oder ein Haus zu mieten: Ich müsste alle Möbel selber kaufen, den Strom abrechnen, selber für Wasser sorgen. Ich müsste für die Monate meiner Abwesenheit für Aufsicht und Sicherheit sorgen... Aber da ich nicht davon ausgehen kann, dass ich eine andere Pension finde, die mich mit 90 Kindern täglich akzeptieren wird, muss ich mich nun wohl mit dieser Idee anfreunden. (Zwei große Zimmer oder ein kleines Häuschen für 12 Monate würden nicht viel mehr kosten als das Pensions-Zimmer für 5 Monate; nur der organisatorische Aufwand ist eben höher...)
Die letzten Ausweise hängen vor dem Vorhang
über meinem Schreibtisch und warten auf ihre
Abholer.
5.3.2004: Seit gestern sind wir mit unseren "Mitgliedsausweisen" fast auf dem Laufenden. Es war viel Arbeit (für vier unserer Jugendlichen), nach und nach für alle unsere Kinder die Passbilder und die Namen in die Vorlage zu montieren. Nun sind 113 Ausweise fertig; die letzten warten noch auf ihre Abholung.
Ein paar Ausweise sind noch zu machen; - vor allem von Kindern, deren Fotos veraltet sind und bei denen ich im Trubel immer wieder vergesse, neue Passbilder zu machen.
Von den zur Zeit über 200 "aktiven" Kindern haben all die (noch) keine Ausweise bekommen, die entweder noch zu neu sind, zu selten kommen, oder die ich noch nicht gut genug kenne; sowie all die, die in ihrem eigenen Umfeld leben und zu uns nur zum Abrechnen ihres schulischen Bedarfs kommen.
23 Kinder bekamen gestern ihre erste Spritze
zur Tetanus-Immunisierung.
1.3.2004: Neulich ging ich mal durch meine Datei und schaute nach den alten Tetanusimpfungen: Weit über 100 Kindern ließ ich irgendwann die erste Spritze geben; aber nicht alle kamen zur Zweiten und zur Dritten. Manche waren in ihr Dorf zurückgekehrt, andere hatten einfach Angst oder keine Lust. So sind im Moment 68 unserer Kinder und Jugendlichen (und erwachsenen Ex-Kinder) für 10 Jahre gegen Tetanus immunisiert.
Gestern begann ich eine neue Runde. Etwa 40 Kinder lud ich ein, 23 kamen und bekamen ihre erste Spritze. (Nun muss ich abwarten, wer von diesen in vier Wochen zur Zweiten und im Herbst zur Dritten kommt.)
Schulisch: Anfragen und Hilfsgesuche kommen von allen Seiten: Schülerinnen bringen Mitschüler; unser Lehrer wird am Arbeitsplatz des Vaters eines Kindes angesprochen; mich fragt man im Krankenhaus oder kommt zu mir ins Zimmer.
Wir prüfen sehr kritisch und nehmen längst nicht jede/n. Viele sind uns "nicht arm genug"; wenn der Vater reguläre Arbeit hat und die Mutter arbeiten könnte, lehnen wir gerne ab. Wir zahlen fast nie für alle Kinder einer Familie, sondern nach Möglichkeit für eins, maximal zwei. Und wir bevorzugen Kinder, die bereits zur Schule gehen, und versuchen zu vermeiden, jemanden in die erste Klasse einzuschulen, von dem wir nicht absehen können, ob er auch lernen wird.
(Neulich hatten wir einen typischen Fall: Elfjähriger, der früher mal die Schule aufgab, kommt jeden Nachmittag zum Spielen. Seine jüngere Schwester geht zur Schule und kommt nur selten. Mutter kommt: Wir sollen den Jungen einschulen. - Nun zahlen wir für das Mädchen (dessen gute Zeugnisse wir gesehen haben); und die Mutter soll von dem dadurch gesparten Geld den Sohn "auf eigenes Risiko" einschulen.)
So ist die Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler, für die wir entweder ganz oder nur die Gebühren bezahlen, inzwischen auf 96 gestiegen. Einige davon werden voraussichtlich rausfallen; weil sie die Abschlussprüfung nicht bestanden, weil die Abrechnungen nie stimmen - oder in einem Fall, weil die Mutter beleidigt ist: Ich hätte nur die Schule bezahlen und mich ansonsten nicht um ihren Sohn kümmern sollen: Ich hätte nicht seinen seit langem geschwollenen Finger untersuchen lassen sollen, ich hätte ihm keine Brille machen lassen dürfen...
- Dennoch bin ich recht zuversichtlich, dass wir zum Schuljahrsbeginn im Mai die "magische Zahl" von 100 Kindern (und Jugendlichen) überschritten haben werden.
Und sonst?: - Soo viel Betrieb. Manchmal habe ich den Kopf sooo voll...
Wir haben wieder viele Probleme mit dem Leimschnüffeln. Ein paar der älteren Müllsammler-Kinder sind völlig abhängig und wohl nicht mehr zu retten; das Zeug frisst ihnen die Lunge und das Hirn auf und ich habe längst aufgegeben, ihnen das abgewöhnen zu wollen. Zugleich habe ich aber einen ganzen Schwarm von 10 bis 12jährigen, die stark gefährdet sind und die ich davon abzuhalten versuche - manchmal (zumindest teilweise) mit Erfolg. ("Erfolg" heißt, dass ich mich riesig freue, wenn einer eine ganze Woche sauber geblieben ist. - Oder wenn ich gehört habe, dass einer bei den Müllsammlern war - und er kommt abends zurück und ich lasse mich anhauchen und er stinkt nicht nach Leim; hat also trotz des "Kontaktes zur Szene" widerstehen können.)
Kleiner unangenehmer "Nebeneffekt" ist, dass ich meine Vormittage, die außer zu Arztbesuchen mir alleine gehören sollten, nun auch noch "veröffentlicht" habe, da ich jeden Tag drei bis fünf dieser Kinder auf allen meinen Wegen mit mir nehme, um sie den Versuchungen und dem falschen Umgang fernzuhalten.
Fast jeden Abend gibt es Geschrei - und
manchmal Streit darüber, wer als erster ein
(möglichst großes) Stofftier ergriff, das
demjenigen dann für diese Nacht
unwiderruflich "gehört".
Und SO schläft ein Dreizehn(!)jähriger
(bekleidet mit einer der Unterhosen, die ich
als "Schlafanzüge" zur Verfügung stelle), der
noch im Schlaf glücklich zu sein scheint, weil
er heute gleich zwei Tiere ergattern konnte.
(Das Foto entstand gegen Mitternacht;
es ist nicht gestellt.)
27.2.2004: Ich muss mich schon wieder entschuldigen, dass ich Euch sooo lange nicht berichtete! Auch heute kommt nicht viel; die Zeit reicht einfach nie. (Und wenn ich mir abends, wenn alle Kinder schlafen, mal ein bisschen Faulheit gönne, dann spiele ich lieber an der virtuellen Modelleisenbahn, als an HTML und der Homepage...)
Gestern spät am Abend machte ich dieses Foto, das ich Euch auf keinen Fall vorenthalten möchte. - Und demnächst werde ich Euch ganz sicher auch mal wieder "ordentlich" berichten.
12.2.2004: Schon wieder fast eine Woche vergangen. Volles Programm; sooo vieles, was ich Euch erzählen wollte; aber die Zeit reicht nie ...
- mehreren Kindern ließen wir die Augen untersuchen; zwei bekamen eine neue Brille; zwei weiteren ließ ich nach den alten Werten Ersatz für ihre kaputt gegangenen Brillen machen.
- die im Frühjahr 2003 verbrannte Mutter kam pünktlich zu dem im Herbst ausgemachten Termin: Am vergangenen Sonntag wurde sie stationär aufgenommen, am Montag operiert. Haut wurde vom Oberschenkel auf die verkrüppelte linke Hand übertragen, außerdem auch die Vorderseite des Halses verlängert / verbessert. Bereits am Mittwoch wurde sie entlassen, wohnt bei Verwandten, soll am Montag zum ersten Verbandwechsel kommen.
(Ich sollte ja eigentlich nicht für Erwachsene zahlen. Aber da wegen der verkrüppelten und unbeweglichen Hand der Mutter der neunjährige Sohn neben der Schule praktisch den gesamten Haushalt führen muss - kochen, waschen usw. -, denke ich, dass es vor allem im Interesse der Kinder ist, wenn ich versuche, diese Hand "reparieren" zu lassen. - Ich hoffe, Ihr seid einverstanden.)
- Vor drei Tagen schlug eine erzürnte Mutter ihrem 14jährigen Sohn einen Wasserkrug auf den Kopf. - Ich ließ ihn in die Notaufnahme bringen und ließ die Platzwunde nähen, kaufte Antibiotika usw. // Da bewährte sich wieder das Handy: Denn ich war zufällig im Krankenhaus und wollte gerade nach Hause gehen, als andere Kinder mich anriefen und fragten, was sie mit dem Verletzten machen sollen. - "Herbingen! - Ich warte schon auf Euch."
- Gestern Abend fiel ein Zehnjähriger auf dem Weg zum Clo die Treppe runter. Obwohl er meinen "Mitgliedsausweis" mit allen Telefonnummern um den Hals hängen hat, kam er nicht auf die Idee, mich anzurufen; kam erst heute am Vormittag ins Hotel (obwohl er mit den schmerzenden Beinen kaum gehen konnte). Ich fuhr gleich mit ihm in die Notaufnahme: Platzwunde am Kopf genäht; Mittelfinger gebrochen; Knie nur verstaucht; und alles andere sind nur Prellungen und blaue Flecken.
- Einer unserer Internatsschüler hatte Probleme mit der Nepalischen Sprache (!) Denn hier sagt man oft "gegessen" auch wenn man etwas nicht isst: "Wasser essen", wenn man trinkt, "Zigarette gegessen" heißt, er hat geraucht - obwohl er ja nicht die Zigarette aß, sondern nur den Rauch einatmete. Und "(die Droge) Leim gegessen" soll ausdrücken, dass er die Dämpfe dieses Stoffes eingeatmet hat.
Unser "Neuling" hatte das zu wörtlich genommen, und als in seinem Wohnheim neue Teppiche verlegt worden, nahm er von dem dort herumstehenden Leim einen kräftigen Schluck. (!)
Er landete im Krankenhaus; er überlebte es; er wurde aus dem Internat geworfen - darf aber weiterhin dort zur Schule gehen. Er wohnte bei dem von mir angestellten Lehrer, dann bei mir im Hotelzimmer; ging von hier aus zur Schule.
Plötzlich verschwand er, kam von der Schule nicht zu mir "nach Hause". Gestern rief er mich an; heute kam er: Er werde in der Schule ob seines Fehlers so gehänselt und geneckt; er werde nie wieder dort hin gehen. (Er hatte mir ähnliches letzte Woche gesagt; und ich hatte geantwortet, die zwei Monate bis zur Versetzung müsse er durchstehen; denn sonst verliere er ein ganzes Jahr!)
Nun versuchen wir, ihn provisorisch in einer anderen Schule anzumelden, so dass er an den Versetzungsprüfungen teilnehmen kann. Zum neuen Schuljahr ab Mai werden wir ihn dann in einem anderen Internat unterbringen.
Ausschnitt aus der
Röntgenaufnahme.
- Der etwa siebenjährige Bruder eines unserer langjährigen Straßenkinder hatte sich im Dezember kurz vor meinem Heimflug den linken Unterarm gebrochen. Die Mutter hatte sich Geld geliehen und ihn eingipsen lassen, ich hatte das nachträglich bezahlt. Nun sprach sie mich auf der Straße an: Der Arm sei krumm und eine Wunde heile nicht. Ich bestellte sie für den übernächsten Tag; der Kleine kam ganz alleine morgens zu mir ins Hotel. Ich ließ ihn zunächst röntgen, ging erst dann in die Orthopädie des staatlichen Krankenhauses.
Der Arzt war zunächst geschockt, dann sehr interessiert - und dann so interessiert, dass er mit uns bis zum Chefarzt ging: Einen solchen Fall habe er in seinen vielen Jahren hier noch nicht gesehen und auch den Chef interessiere das sicher: Osteomyelitis = Knochenmarkentzündung mit guter Chance, chronisch zu werden und nie mehr zu heilen. Der Eiter stammt nicht, wie die Mutter mir zeigte "aus dieser nicht heilenden Wunde", sondern bricht vom Inneren des nicht zusammengewachsenen Knochens bis zur Außenseite des Armes durch.
Zunächst sollte er für drei bis sechs Monate Antibiotika schlucken, in der Hoffnung, dass irgendwann der Knochen nicht mehr eitert und dann operiert werden kann. - Aber dann sprach er so gut auf die Antibiotika an, dass die Ärzte eine Woche später schon wesentlich optimistischer waren und eine kleine Hoffnung besteht, dass er schon Ende März und also noch vor meiner Abresie operiert werden kann.
>>> Wie gesagt: Es gäbe noch sooo viel zu erzählen... - Aber Ihr seht ja, dass ich so viel zu tun (und zu denken und zu planen) habe, dass ich gar nicht zum Erzählen komme.
6.2.2004: Bisher war es überwiegend "Routine": Leim-Schnüffeln, kleine Verletzungen; zwei Kinder verschwunden - die wieder kamen (aber sich weigern, nach Hause zu gehen); drei abgehauene Kinder, nach denen wir drei Tage suchten; 60 bis 80 Kinder jeden Tag durch mein Zimmer und zum Mittagessen; ...
Heute war "action" und viel zu tun - und zum ersten Mal das "Mobile" (wie die Handys in Nepal heißen) so richtig im Einsatz.
Ich erlaube mir, Euch einfach ein Stück des gerade eben (23:50 Uhr) geschriebenen Tagebuchs zu übermitteln:
(Blau sind Ergänzungen für Euch; der Rest ist original mein Tagebuch.)
Plötzlich kam - und ich freute mich riesig - Subash S.: Der indische Junge, Ex-Pflegebruder von Sandeep, Waisen- und Problem-Kind, der im Herbst wohl fast zwei Monate fest bei mir gewohnt hatte. Ich hatte gehört, dass er als Tempo-Schaffner (Tempo = Dreirad-Sammeltaxi) arbeite; doch nun sagte er, das habe er aufgegeben und wohne in einem von CWIN's (das größte Straßenkinder-Hilfswerk Nepals) vielen Heimen. Ganz nebenbei erwähnte er, dass auch Sunils Bruder dort sei. Ich dachte zunächst an Sumans Bruder, Shankar D. - und kapierte erst spät, dass er von einem der drei abgehauenen Kinder redete, nach denen wir seit Tagen suchen. Zufällig kam gerade auch dessen Mutter. Ich rief gleich bei CWIN an, hatte aber einen Mitarbeiter dran, der mich nicht kannte; ich ärgerte mich ein bisschen, dass es ziemlich lange dauerte, bis er endlich bereit war, mir die direkte Telefonnummer dieses Heimes zu verraten. Auch dort war man nicht gesprächig: Sie hätten 40 Kinder und er könne nicht sagen, ob einer dieses Namens darunter sei. (Ich weiß bei etwa 200, wie sie heißen und kann in Sekunden feststellen, ob eine/r gerade da ist oder kürzlich da war; - aber ich kann ja auch verstehen, dass sie nicht jedem fremden Anrufer verraten, welche Kinder gerade bei ihnen angekommen sind...) - Wenn die Mutter meine, dass der bei ihnen sei, dann könne sie ja kommen; er wollte mir weder ja noch nein sagen.
Also schickte ich die Mutter mit Subash dorthin. Sie kam später mit ihrem Sohn und dem zweiten Verschwundenen wieder zu mir und die tischten mir eine leicht zu durchschauende Lüge auf: Dass die Frau des geschiedenen Vaters des Ersten sie alle drei entführt habe, ihnen dieses Heim zeigte und ihnen alles mögliche androhte für den Fall, dass sie das wieder verlassen würden. (Der Dritte habe sich geweigert, mitzukommen: Seine Mutter habe ihn geschlagen und er wolle in dem Heim bleiben. - Was sich später als Vielleicht-Lüge herausstellte; sie hatten ihn angeblich gar nicht gerufen. - Umgekehrt hat er aber kürzlich ein Fahrrad geklaut und es kann schon sein, dass er nicht zurückkommen wollte.)
Mutter und Sohn gingen; den Zweiten hielt ich fest und werde ihn nirgendwo hin gehen lassen, bis ich ihn nicht in die Hand seiner Mutter übergebe.
Wieder rief ich CWIN an - zum einen, um ihnen die freudige Mitteilung zu machen, dass sie diesen "Fall" abschließen können; zum anderen, um nicht all zu höflich zu fragen, wie es passieren kann, dass wir seit drei Tagen mit ihrer Hilfe nach Kindern suchen, die in ihrem eigenen Heim, wenige hundert Meter von ihrem Helpline-Büro entfernt, untergekommen sind.
(Und später rief ich auch noch Madhav, einen der Chefs von CWIN, an, den ich seit Jahren gut kenne, und bat ihn, dem mal nachzugehen, damit solche Schlamperei in Zukunft nicht mehr vorkommt.)
(Ich habe in dem Fall etwa 100 Rs. ver-telefoniert; und am Abend war der Akku, der bisher immer gut drei Tage hielt, fast leer.)
- - Was bin ich froh über das Handy!!! - Wenn ich für jedes dieser Gespräche nach unten an die Rezeption hätte gehen müssen ...
Dazwischen war Rajesh (der von mir angestellte Lehrer) gekommen (wie angekündigt erst gegen 15 Uhr, weil er zwei Schulen besucht hatte); dann die Mutter des blinden Shive mit einer ihrer Töchter, um Medizinisches abzurechnen; Sudeep mit Magenschmerzen und Blut im Stuhl, den ich mit einem Brief zum Hausarzt schickte; Shyam G., der mal wieder Liebesprobleme hat und nicht weiß, ob er sich andere Arbeit suchen soll; ...
Ich beauftragte verschiedene Kinder, nach Möglichkeit der Mutter des Zweiten die gute Nachricht zu überbringen, damit sie ihn hier abhole.
Ein kleiner Bruder des Dritten war hier gewesen, als die Mutter des Ersten gerade zu der Hostel fuhr, und ich hatte ihm gesagt, dass ich wohl später am Nachmittag mehr wisse. Nun kam also endlich dessen Mutter und ich schickte sie mit Bhola (der in der Gegend wohnt und sowohl das Heim als auch das Helpline-Büro kennt) dorthin. Wieder rief ich CWIN an, um ihnen zu sagen, dass die Mutter komme und sie zusammen mit ihr versuchen sollen, den Jungen zu überzeugen, dass er nach Hause gehen solle (was aber gar nicht nötig war; er ging sofort und freiwillig mit ihr).
Sie kamen zurück als wir gerade zum Abendessen gehen wollten und ich erfuhr von ihm die andere Version der "Entführung" - und damit die Wahrheit, die ich schon geahnt hatte.
Der Vater des zweiten hatte inzwischen vom Büro aus angerufen, die gute Nachricht erfahren - kann aber dort nicht weg und hat keine Möglichkeit, die Mutter zu benachrichtigen.
Auf dem Weg zum Abendessen rief Shyam mich an, den ich gebeten hatte, dies unter einem Vorwand zu tun - weil mein Handy die eingehenden Nummern speichert und ich so endlich die aktuelle Telefonnummer von Bisaune (ein kürzlich umgezogenes Straßenkinder-Hilfswerk) erfahren konnte. - Und auf dem Rückweg vom Abendessen rief er mich wieder an - stockbesoffen vor Liebeskummer; und fluchend und schreiend über die dortigen Sozialarbeiter, die ihm immer nur erzählen, dass er zu alt sei und endlich nicht mehr zu ihnen kommen solle. (Permanent erreichbar zu sein, hat also auch Nachteile ...!)
Ich hatte den dritten Verlorenen mit zum Abendessen genommen; sowohl im Hotel als auch beim Verlassen des Restaurants genau erklärt, welche Wege ich gehen werde, damit sie die eventuell nach ihm suchende Mutter hinter mir herschicken. Nun waren wir auf dem Weg zu ihm nach Hause, als mir seine Mutter mit den kleineren Geschwistern entgegenkam; sie wollte gerade zu mir und ließ sich gerne alles erzählen. (Gestern sei sie bis 22 Uhr rumgefahren auf der Suche nach ihm...)
Zwei waren mit mir gegangen; 8 weitere Kinder erwarteten mich im Hotel, spielten am Computer und gingen um 22.30 Uhr erstaunlich pünktlich und friedlich ins Bett (bzw. auf die Teppiche auf dem Boden).
Ich hatte den ganzen Tag den Kopf so voll gehabt; sooo viele Sachen waren parallel und gleichzeitig abgelaufen, dass ich nur noch ein bisschen an meinem Video-Programm experimentierte und bastelte und lernte - und spät noch dies hier schrieb.
30.1.2004: Seit gestern habe ich endlich ein Handy und bin fleißig dabei, dessen Nummer auf den Mitgliedsausweisen all unserer Kinder einzutragen. Mein DANK!!! an die freundlichen Sponsoren, die mir ihr altes Handy schenkten! Nun ist es zwar etwas teurer, mich anzurufen, aber ich bin für Notfälle Tag und Nacht erreichbar (und muss nicht immer erst ins Erdgeschoss an die Rezeption).
Ich brachte das Handy aus Deutschland mit - aber es war zunächst gar nicht so sicher, ob ich es würde benützen können: Schon länger bestehen Pläne, dass man in Nepal ein "Mobile" nur noch anmelden kann, wenn man eine Quittung mit nepalischer Mehrwertsteuer vorlegt (um die vielen Schwarz-Importe zu verhindern). Nachdem ich glücklich erfahren hatte, dass diese Regelung immer noch nicht in Kraft ist, sagten sie mir dann im Telefonbüro (es gibt nur einen einzigen Provider in Nepal), dass sie schon seit einem Monat keine Prepaid-Nummern mehr haben und nicht wissen, wann sie wieder welche verkaufen könnten. Erst durch Vorsprechen beim Chef, und weil ich mit einigen Kindern gekommen war und deren Ausweise vorführen konnte, gelang es mir, doch noch eine Nummer zu bekommen.
Für den Fall, dass jemand von Euch nach Nepal kommt - oder Ihr es sonst einmal braucht: Die Nummer ist 9841241677.
Ansonsten alles Bestens. Ich bin immer noch mit Auspacken, Sortieren, Einräumen beschäftigt - und die Kinder kommen in solchen Mengen, dass ich von 13 bis 20 Uhr zu gar nichts anderem komme. (Gestern, an meinem zweiten Tag, hatten wir bereits 75 Mittagessen!)
28.1.2004: Seit gestern Abend bin ich wieder in Nepal. Nun wird es also hier bald wieder regelmäßig Neuigkeiten zu lesen geben. (Bitte habt noch 2-3 Tage Geduld.)
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