Die Informationen hier können nicht vollständig sein. Sie gehen oft davon aus, daß Ihr die Vorgeschichte kennt.
Bitte lest die Jahresberichte vom Oktober 2003 und September 2004 und die genaueren Berichte, auf die dort hingewiesen wird. Oder geht über die Schaltfläche "Gesamt-Inhalt und ältere Berichte" ins Archiv der "Ergänzungen zu den Jahresberichten", in denen ich während der Reisen immer ganz aktuell berichtete.
Ich habe zu viele neue Schülerinnen und Schüler aufgenommen; ich habe für zu viele teure Operationen und langwierige Behandlungen die Verantwortung übernommen.
Ich werde dieses Jahr mit den mir zur Verfügung gestellten Geldern nicht auskommen.
Wenn Ihr Freunde und Kollegen bitten wollt, uns zu helfen, findet Ihr hier genauere Informationen.
(Von unten nach oben zu lesen!)
30.9.2005: Seit heute steht mein "Jahresbericht 2005" über die Zeit vom Oktober 2004 bis Ende August 2005 jetzt als PDF-Datei für den Acrobat Reader zur Verfügung. Der Link führt zu einer Seite, die Euch den Download genauer erklärt. Weiter...
6.9.2005: Für den Fall, dass jemand dies ausdrucken und vielleicht an Freunde oder Kollegen weitergeben möchte, steht diese "AKTUELLES"-Seite mit dem Bericht über den Sommer in Indonesien ab sofort auch als PDF-Datei für den Acrobat Reader zur Verfügung.
Ich habe den Bericht für diese Datei chronologisch sortiert (also "von oben nach unten zu lesen" und alle Fotos eingebaut: 15 Seiten, 230 KB.
Zum DOWNLOAD bitte mit der rechten Maustaste anklicken und "Ziel speichern unter..." auswählen.
4.9.2005: Seit gestern bin ich wieder in Deutschland. Vom Verlassen des Hotels bis zur Ankunft in der Wohnung war ich 32 Stunden unterwegs. Flug mit dreimal Umsteigen; irgendwo zwischen Bahrain und Frankfurt habe ich wohl mal ca. vier Stunden geschlafen. Gestern Abend war ich am Ende, ging zeitig ins Bett; dafür war ich heute früh ab 6 Uhr (mit sechs Stunden Zeitunterschied) schon wieder aktiv.
Ansonsten ist schon wieder "alles ganz normal": Leckeres Essen; ein paar Telefonate; Schreibkram am Computer... (Getoastetes Graubrot; Kuchen mit Schlagsahne... - Das sind so die Sachen, die mir unterwges manchmal doch etwas fehlen.)
Nun werde ich bald beginnen, den Jahresbericht zu schreiben, der Euch in etwa einem Monat zur Verfügung stehen wird.
Wenn ich zwischendurch aus Nepal oder Indonesien wichtige Nachrichten erhalte, werde ich sie hier veröffentlichen. Ansonsten werde ich hier ab 10. Oktober wieder regelmäßig aus Nepal berichten.
29.8.2005: Bis gestern habe ich alle unsere Schüler/innen in Ost-Bali besucht. Drei Jungs im Distrikt Karangasem; drei Mädchen im Distrikt Klungkung. Habe alles abgerechnet, alle Zeugnisse fotokopiert oder fotografiert, Millionen von Rupien deponiert, mit denen sie bis zum Mai 2006 auskommen müssen; und habe alle wichtigen Infos in die Datenblätter der Kinder eingegeben:
Wayan ist mit mittelmäßigen Noten in die 2. Klasse der Fach-Oberschule (Automechaniker) versetzt. Kadek hat eine komplett neue Prothese und ist als Drittbester seiner Klasse (als Schul-Preis gab es drei Schreibhefte!!!) in die 6. Klasse versetzt. Der andere Kadek hat den Abschluss der Mittelschule mit zufriedenstellenden Noten geschafft und an einer Oberschule mit Training zum Hotel-Roomboy begonnen.
Ketut ist jetzt im letzten Schuljahr; hat gute Noten und keine Probleme. Und musste am Sonntag für Filmaufnahmen nach Denpasar! Die Musikkassette, auf der sie singt, hatte ich schon früher gehört; nun sollen die Videoclips für die CD aufgenommen werden.
Ida schloss die Mittelschule mit guten Noten ab und meldete sich an einer staatlichen Oberschule an.
Ayu beendete die Grundschule und begann an der Mittelschule. (Diese kostet hier keine Gebühren mehr.) Sie ist so begeistert von der neuen Schule, dass sie alle "Extras" belegt hat und - nach Aussage ihrer Schwestern - kaum noch zu Hause ist. Im Karate hat sie bereits den grünen Gürtel und im letzten Wettkampf so gut abgeschnitten, dass sie jetzt für eine überregionale Entscheidung sogar nach Java fahren soll.
Ich bin heute nach Legian gefahren; habe jetzt noch drei Tage, um Abrechnungen zu säubern und zu prüfen, einzukaufen, zu packen... Am Freitag werde ich nach Jakarta fliegen und von dort über Abu Dhabi, Doha und Bahrain nach Hause. ( - Aber wo bin ich wirklich zu Hause??? /// Ich werde jedenfalls die nächsten fünf Wochen bei meiner Mutter in Deutschland verbringen.)
26.8.2005: Seit Mittwoch Abend bin ich auf Bali.
Die letzten Tage auf Lombok waren voll - aber auch absolut schön; die Kinder kommen so voller Vertrauen, mit Fragen und Problemen. An den letzten beiden Abenden kamen zahlreiche Väter, um sich für meine Hilfe zu bedanken. Der Vater des Jungen, der bei einem Motorradunfall eine große Zehe verloren hatte, hatte es sich nicht nehmen lassen, mich bereits am Sonntag zu einem Mittagessen nach Hause einzuladen. Andere kamen mit Wassermelonen oder Tüten voll Bananen; oder auch nur mit lieben Worten und dem Versprechen, gut auf ihre Kinder zu achten und dafür zu sorgen, dass sie fleißig sind. (Das ist mir viel wichtiger als das ganze Obst!)
Bei einem letzten Besuch in der einen Mittelschule durfte ich mich freuen, als drei unserer Jungs als die bravsten und fleißigsten gelobt wurden. (Und ich wunderte mich sehr, weil dieses Lob sonst meist eher die Mädchen bekommen...) Zwei andere wurden als frech und schwierig kritisiert; und obwohl ich eh wusste, dass es diese beiden sein würden, scheute ich mich nicht, ihnen das später vor allen anderen Kindern kräftig "unter die Nase zu reiben" und auch ihre Eltern zu informieren.
Unsere Schüler/innen auf Lombok nach Klassenstufe, August 2005:
1) 1
2) 1
3) 2
4) 4
5) 1
6) 7
7) 16
8) 14
9) 10
10) 7
11) 4
12) 1
und 1 Student im letzten Ausbildungsjahr zum Grundschullehrer.
(Die geplanten "Studenten auf Kredit" sagten alle ab - oder kamen einfach nicht wieder.)
SUMME: 69
Diese Tabelle spiegelt einen Trend wieder, der mir etwas Angst macht: In den oberen Klassen habe ich die Anzahl der Schüler (minus derer, die aufgaben), die ich früher vom Zeitaufwand wie auch finanziell gut verkraften konnte. Nun habe ich mehr Zeit, werde immer bekannter - und möchte ja auch vielen helfen. Der "Erfolg" (?) spiegelt sich in den Zahlen der Schuljahre 7 bis 9. Das sind die, denen ich seit 2003 den Sprung in die Mittelschule ermöglichte - und für die ich schon jetzt absehen kann, dass ich nicht allen die Oberschule bis zum Abschluss werde bezahlen können. (Und ich habe bei unserer Abschluss-Besprechung ganz klar angedroht, dass ich ab dem nächsten Jahr jeweils für etwa 10% der Kinder und Jugendlichen - die mit den schlechtesten Noten - die Zahlungen einstellen werde.)
Amirudin mit seiner Familie.
Am Sonntag hatten wir im Garten der Pension ein großes Treffen fast aller Schülerinnen und Schüler: Es sind jetzt genau 69 (alleine auf Lombok). Ich erklärte unser neues System, wie sie in Zukunft bei Amir ihren Bedarf bestellen und abrechnen müssen. Und ich redete viel über Preise und korrektes Abrechnen, über Fleiß und Noten; und über unsere finanziellen Probleme und dass sie mit den ihnen zu Verfügung gestellten Sachen vorsichtig umgehen sollen: Wenn jeder von ihnen übers Jahr nur einen Kugelschreiber weniger verbraucht / verschleißt / verliert oder sich klauen lässt, addiert sich das bereits zu einer Summe, von der ich einem weiteren Grundschüler den Schulbesuch bezahlen könnte. (Ob's was nützt? Ob sie wirklich besser aufpassen werden???)
Sehr viel Freude machte mir die Zusammenarbeit mit meinem Stellvertreter Amirudin ("Amir")! Während ich ihn letztes Jahr mit den nötigsten Informationen zurückließ als den, "der halt dieses Jahr die Schreibwaren ausgibt", hat er sich inzwischen zu einem gut informierten und sehr engagierten Mitarbeiter entwickelt, der durchaus selbständig arbeiten kann und auch Entscheidungen mit-trifft. Während er letztes Jahr erst lernen musste, dass er nicht mitten im Abendessen aufzustehen hat, weil ein Jugendlicher gerade jetzt beliebt, um seinen Fahrtkostenzuschuss zu bitten, ist er inzwischen der allseits akzeptierte "Boss" und Stellvertreter, der den Kids durchaus auch sagt, dass sie zu viel verbrauchen oder dass man die gleichen Sachen auch billiger kaufen kann.
Für mich fährt er an Schulen, redet mit den Lehrern, informiert mich über faule und fleißige Schüler, über unnötig verlangte Gelder oder neue Gebührenregelungen. Und bei mehreren möglichen neuen Schülern/innen machte er ohne mich die ersten Besuche, brachte mir Informationen, Zeugniskopien, Fotos der ganzen Familie, des Hauses, des Umfeldes, nach denen wir viel beurteilen und unsere Auswahl treffen können.
Heute Nachmittag will ich die ersten unserer balinesischen Schüler besuchen. Spätestens am Montag werde ich Euch wieder berichten.
18.8.2005: Die Zeit rast und ich kann kaum glauben, dass mein letzter Bericht schon mehr als eine Woche zurückliegt. Nach wie vor bin ich täglich in Schulen, auf Ämtern und bei den Rechtsanwälten. Und gerade heute habe ich noch eine neue Schülerin aufgenommen, die mir wegen bester Noten und absoluter Armut der alleinerziehenden Mutter vom stellvertretenden Bürgermeister empfohlen worden war. - Und dabei bleiben mir nur noch vier Tage bis ich eigentlich Lombok verlassen und nach Bali fahren sollte.
Viel Arbeit machen die (geplanten) "Studenten auf Kredit" - weil sie das System nicht verstehen; oder weil ihre Eltern Angst haben, zu unterschreiben, dass sie sich so hoch verschulden wollen. - Und dabei soll die Unterschrift der Eltern doch nur meine Absicherung sein für den Fall, dass der Schüler später nicht zahlen will oder verschwindet. Solange der nicht betrügen will, müssen die Eltern ja gar nichts bezahlen. Da gibt es sehr viel zu erklären und zu diskutieren.
Ein weiteres "Problem", das viel Zeit kostete und die Arbeit nicht vereinfacht, ist eine eigentlich sehr positive Entwicklung: Seit etwa zwei Monaten ging das Gerücht, ab August werde es keine Schulgebühren mehr geben. Das hat sich inzwischen konkretisiert zu einer Milliarden-schweren Unterstützung des Bildungssystems, mit der jeder Grund- und Mittelschule je Schüler/in ein monatlicher Betrag zur Verfügung gestellt wird, um die Schulen, deren Einrichtung und den Unterricht zu verbessern. Leider deckt diese Hilfe mit genauen Vorschriften aber nicht alles ab, was früher aus den vom "Komitee" jeder Schule festgesetzten und verwalteten Gebühren bezahlt wurde. Nun haben also manche Schulen die Schulgebühren ganz abgeschafft - und wissen nicht, wovon sie Gärtner und Wachpersonal bezahlen sollen. Andere Schulen nehmen das Geld von oben für verbesserten Unterricht - und verlangen für die üblichen Extras noch mehr Schulgebühren als vorher. Und niemand weiß, ob das erlaubt ist; wie oft das noch geändert werden wird; ob sie so viel kassieren dürfen; ob die "kostenlosen" Schulen doch wieder eine - zumindest kleine - Gebühr verlangen werden. Und ich sitze mitten dazwischen, sammele Informationen (die es noch nicht gibt), war schon zum zweiten Mal im Bildungsministerium. Und ich kann nicht wie früher an allen Schulen die Gebühren fürs ganze Jahr auf einmal zahlen, sondern muss die geschätzten zu erwartenden Gebühren auf Amirs Sparbuch lassen, damit er sie monatlich auszahlt.
Soweit mein heutiger Zwischenbericht. Nächste Woche werde ich mich wieder von Bali melden.
10.8.2005: Seit einer Woche bin ich fast täglich in Schulen, Ämtern und Behörden. Mehrere Male auf der Einwanderungsbehörde, um mein Visum zu verlängern. Bei den Rechtsanwälten arbeite ich an einem Vertrag für einen Studenten, dem ich seine Ausbildung auf Kredit finanzieren will. Beim Kultusministerium wollte ich "nur was fragen" - und landete im klimatisierten Büro eines der oberen Chefs und erfuhr alle Details über die neuen Regelungen, nach denen es angeblich keine Schulgebühren mehr geben soll. Als die Einwanderungsbehörde erfuhr, für wie viele Kinder ich jetzt schon zahle, bekamen sie wohl einen Schreck und verlangten nach einer Bescheinigung, dass ich das auch richtig und keinesfalls beruflich mache: Nun habe ich einen Brief vom Landratsamt, abgestempelt und unterschrieben vom Chef der Kreisverwaltung, der mir bestätigt, dass ich den Kindern und Jugendlichen "verantwortungsvoll und ohne Nebenabsichten" helfe; und dieser Brief liegt im Moment im "Büro für Soziales" des "Bupati" (eine Art Regierungspräsidium) und wartet auf die höchste zu bekommende Unterschrift.
Das Lehrerpult des neuen Sprachlabors.
Heute waren "alle Eltern oder Erziehungsberechtigten" in die hier in der Nähe gelegene Mittelschule eingeladen. Da sich die Qualität dieser erst 1999 erbauten Schule in den letzten Jahren (und vor allem in den letzten 15 Monaten unter dem neuen Direktor) extrem verbessert hat, muss ich nicht mehr, wie früher, bei den Kindern mit besseren Noten entscheiden, dass sie weiter entfernte (und bessere) Schulen in der Stadt besuchen sollen. Alle Kinder, die dieses Jahr mit der Mittelschule begannen, habe ich hier eingeschult. Das hat zur Folge, dass jetzt 29 unserer Kinder und Jugendlichen (das sind 46% der auf Lombok voll bezahlten) diese eine Schule besuchen. - Oder dass ich für 8% aller Schüler/innen dieser Schule "zuständig bin". Entsprechend wurde ich empfangen, vom Direktor der Schule und vom Chef des Komitees mit Handschlag begrüßt...
Die Kabinen des Sprachlabors
Der Direktor legte Rechenschaft ab - und drückte doch nur in Zahlen aus, was ich eh schon wusste: Die Schule ist gut und wird immer besser; sie haben gute Beziehungen nach oben und wirtschaften gut. Sie haben eine umfangreiche Bibliothek und eine Gesundheitsstation, die manchen Dorfchef vor Neid erblassen lassen könnte. Sie haben noch zu wenige Mikroskope und erst 5 Nähmaschinen. - Aber sie schaffen es, alle "Extras" kostenlos anzubieten bzw. über die normalen Schulgebühren zu finanzieren: Nähkurs, Kampfsport, nachmittäglicher Computerunterricht, Extra-Unterricht für die Schwächeren, Hausbesuche bei nicht zum Unterricht kommenden Kindern, und vieles andere wird angeboten und nicht extra berechnet.
Die Krönung ist (und davon hatten mir die Kinder schon voller Stolz berichtet!) ein komplettes Sprachlabor! Computergesteuerte Lehrer-Schaltzentrale und 40 Arbeitsplätze mit Zwischenwänden, Glasscheiben, Kopfhörern usw. / Eine von nur zwei Schulen im ganzen Regierungsbezirk West-Lombok; und es ist mir absolut schleierhaft, wie der Direktor es schaffte, dass dies hier installiert wurde und nicht an einer der teureren Schulen in der Umgebung der Haupstadt!
Jeder Quadratmeter des schalldämpfenden Teppichbodens kostete den Wochenlohn eines durchschnittlichen Vaters. Und das ganze Labor kostete die für hiesige Verhältnisse unvorstellbare Summe von 150 Millionen Rupien (13.000 Euro) oder 10.000 Tageslöhnen eines Hilfsarbeiters. 125 Millionen davon hatte die Zentralregierung zur Verfügung gestellt, für 25 Millionen hatte die Schule sich verschuldet. Und nun ging es darum, in wie vielen Raten und zu welchen Beträgen die Eltern bereit sein würden, diese Schulden nach und nach zu übernehmen. Es gab heiße und teilweise recht aggressive Diskussionen - und schließlich einigte man sich auf 5 Monate á 15.000 Rupien; zu wenig; um die Schulden zu tilgen; ein Tagesgehalt pro Monat für viele eine schwere Belastung; aber umgekehrt nur der Gegenwert von 2-3 Schachteln Zigaretten.
5.8.2005: Die "Ahnenforschung" zieht immer weitere Kreise.
Ihr "müsst" dies nicht lesen! Aber für den Fall, dass Ihr Lust auf "Kuriositäten" habt, kopiere ich Euch gerne wieder ein Stück meines Tagebuchs:
Ju. kam spät am Nachmittag (nach der Nachmittagsschule) wieder; er dürfe übernachten. Und als er auf einem Video unseren neuen Schüler De. sah, meinte er "zu dem sage ich doch 'kleiner Bruder'". Da gingen bei mir alle Lichter an! Ripai hat inzwischen schon Routine (und stellt sich überhaupt meist sehr geschickt und vernünftig an); beim Abendessen gab ich ihm nur einen Zettel + Kuli und er zeichnete mir wieder ein Stück Familien-Karte. (Die Großmütter der beiden sind Schwestern; viel mehr Details erfuhren wir nicht.)
Abends konnte Ju. ("ich habe 4 Eltern!") mir noch den Namen der 2. Frau seines geschiedenen Vaters und des 2. Mannes seiner Mutter sowie die Namen von all deren Kindern nennen. Und da ich schon längst wusste, dass Ju.'s Vater ein Bruder unseres Yu. ist (dessen Vater wiederum ein Bruder von Ar.'s Opa ist!), konnte ich anschließend anhand meiner Kinder-Datei selbständig weiterbasteln und viele weitere Personen und Beziehungen eingeben.
4.8.2005: Als ich vorhin mein Tagebuch schrieb, dachte ich, das könnte auch Euch interessieren...: - Aber dazu muss ich wohl etwas weiter ausholen:
"Ganz zufällig" erfuhr ich immer mal wieder, dass "dieser" auch irgendwie entfernt mit "jener" verwandt sei. Und als sich die Anzeichen häuften, dass irgendwie das halbe Dorf miteinander verschwägert zu sein scheint, begann ich, dem nachzugehen. Schließlich fand ich im Internet zwei kostenlose Programme; - und nun habe ich (weil ich mich doch immer langweile und sonst nicht genug zu tun habe!) ein neues "Hobby": AHNENFORSCHUNG!
Und hier setzt mein heutiges Tagebuch an:
... Und ich ging an die Ahnendatei. Als die Mittelschüler kamen, gab es viel zu tun; aber dann schnappte ich mir nacheinander (bis zum frühen Abend) Sa. Ra. und Sa. - und konnte Verbindungen herstellen! Und erfuhr, dass Sa. (gleichaltrig und in der gleichen Klasse) eine Tante von Ra. ist. Und dass der Vater von Sa. (14) auch der Opa von Ar. (11) ist. Und spät kam Ripai und hatte endlich "seine Hausaufgaben gemacht" und seine Mutter ausgiebig interviewt; und ich gab auch das ein.
Bis spät am Abend (und mit inzwischen tränenden Augen) wusste ich, dass Ripai und seine derzeitige (erste!) Freundin den gleichen Urgroßvater haben; und dass Ra. (eine Vierzehnjährige, die seit Jahren zu uns kommt und die zu meinen neuen Mittelschülern gehört) den gleichen Ur-Urgroßvater hat wie der kleine De. aus dem Nachbardorf von Ripai (für den ich sogar die Grundschule zahle, weil er immer Klassenbester ist). Und eine Tochter der Stiefmutter unseres neuen Mittelschülers Sa. ist die Mutter unserer langjährigen Oberschülerin Rat. (aus dem 4 km entfernten Senggigi!)
Ich habe inzwischen fast 260 Personen in der Datei - die ALLE irgendwie miteinander verwandt oder verschwägert sind! (Komplexe Familien, die ich erfasse, aber noch nicht mit den anderen in Verbindung bringen kann, habe ich bisher nur auf Papier und noch nicht in dieses Programm eingegeben.) - Und ich habe ein kleines Hilfsprogramm, in das ich zwei Namen eingebe; und es sagt mir, ob die irgendwelche gemeinsamen Vorfahren haben...
2.8.2005: Ich will Euch nicht ganz ohne Informationen lassen; - aber viel Wichtiges gibt es zur Zeit einfach nicht zu berichten. Routine; Aufräumen; Aufarbeiten...
Vormittags bin ich oft in der Stadt; Behörden, Büros, Schulen. Gegen 13.30 Uhr fallen durchschnittlich ein Dutzend Mittelschüler bei mir ein; noch immer gibt es von der neuen Schule sooo viel zu erzählen; und dann brauchen sie Gelder für Bastelarbeiten oder Lehrbücher oder Fotokopien... Ab 15 Uhr bin ich manchmal ganz alleine, manchmal mit 2-4 Kindern im Zimmer; Jugendliche kommen für Abrechnungen; ich schreibe, bearbeite Fotos und Videos. Ab 16.30 Uhr kommen die Grundschüler, die nachmittags Unterricht haben, für ihr verspätetes Mittagessen und für den Schreibtrainer am Computer...
Viele Mails gehen zur Zeit zwischen hier und unserem Lehrer in Nepal hin und her. Die ersten Schüler haben die Ergebnisse ihrer ersten Tertialsprüfung erhalten und ich gebe sie in meine Tabellen ein. Ein Junge ist aus einem Heim geflogen, wohnt wieder bei der Mutter und wir müssen entscheiden, ob er dort wohl bleiben kann und wir ihm regulären Schulbesuch finanzieren sollten. Und fünf Jugendliche haben mit der 10. Klasse die reguläre Schule abgeschlossen und wir diskutieren, wem wir welche weiterführende Schule für die nächsten zwei Jahre bezahlen sollen oder können. / Zugleich erwarte ich von Mukesh die von ihm geprüfte erste Zwischenabrechnung für die Zeit von März bis Juni, die ich anschließend prüfen und auswerten muss.
(Und ich darf gar nicht daran denken, dass ich in drei Wochen schon wieder auf Bali sein; in einem Monat schon nach Hause fliegen werde...!!!)
26.7.2005: Ich muss mal einfach erzählen...
Es ist einfach ZU schön! / Es macht SO viel Spaß!!!
Da ist der Viertklässler, der letztes Jahr die Schule aufgab, den ich dieses Jahr wieder einschulte. - Und jedesmal, wenn er aus der Schule kommt, ist er ganz begeistert. Und wenn ich ihn frage, ob es Spaß mache, wieder zur Schule zu gehen, dan STRAHLT er mich an und bestätigt dies.
Durchschnittlich 8 bis 10 der 16 neuen Mittelschüler (und jeden Tag andere) kommen täglich direkt von der Schule zu mir: Zum Mittagessen, und weil sie Geld für Bücher, Bastelarbeiten oder anderes brauchen. Und sie erzählen... Und sie sind SO begeistert von ihrer neuen Schule! Und sie erzählen, wer Fehler machte, wer bestraft wurde. (Liegstütze oder Laufen.) Und wer sich mit wem gestritten hat; und wer mit wem befreundet ist. Und wer eine Freundin hat oder es bei einem der Mädchen versucht; - und die Mädchen erzählen mir völlig ungeniert das gleiche aus ihrer Sicht; und welche Jungen sie attraktiv finden.
Su... (13 Jahre; der keinen Vater hat und fast immer bei mir wohnt) wusch heute bereits vor dem Mittagessen sein Hemd - weil es einen kleinen Fleck hatte; damit es auch ganz sicher vor dem Abend trocken und morgen wieder sauber sein würde. - Und ich hatte längst erfahren, dass da ein Mädchen ist, um das er sich sehr bemüht!
Seit Tagen gehe ich zeitig ins Bett, um morgens fit zu sein und ab 6 Uhr mit den bei mir übernachtenden Kindern aufzustehen; und ich beobachte sie und amüsiere mich köstlich: Bis zu 30 Minuten sind sie (die Jungs!) beschäftigt, sich schön zu machen und rauszuputzen. Da werden die weißen Gummi-Ränder der Turnschuhe noch schnell nass gebürstet; fünfmal wird das Hemd in die Hose gesteckt, bis es die richtigen Falten wirft - und dann macht der Freund darauf aufmerksam, dass der Gürtel zu eng gezogen ist und die Hose hinten Falten wirft; also noch einmal von vorne. - Pomade ins Haar; und weil sie so gut riecht, auch ein bisschen davon auf die Waden. Dann frisieren; und noch einmal; und noch einmal; bis auch die letzte Strähne richtig liegt...
Heute abend erzählten und diskutierten und scherzten sie wieder. Und dann meinte der Bruder des einen (10½ Jahre alt und in der vierten Klasse) "Das muss schön sein, eine Freundin zu haben!? Gerne wüsste ich auch mal, wie das ist." - und alle anderen (älteren) brachen in schallendes Gelächter aus: "Dazu bist Du doch noch viel zu klein!!!"
Oh ja! Es macht viel Ärger und oft Sorgen, mit diesen Kindern zu arbeiten, sich um sie zu kümmern; - aber es macht auch
S O - V I E L - S P A S S !!! Es ist einfach faszinierend!!!
23.7.2005: Nun will ich Euch endlich eine Zusammenfassung der Ergebnisse des vergangenen Schuljahres und der Erfolge (und Misserfolge!) unser Schülerinnen und Schüler liefern:
"Das Pech" mit den beiden Mädchen, die den Schulbesuch beendeten, veranlasst mich zu ganz un-emazipatorischen, ja geradezu "ketzerischen" Überlegungen, die sicherlich bei einigen von Euch nicht auf Zustimmung stoßen werden:
Seit Jahren bemühe ich mich, möglichst vielen Mädchen den Schulbesuch zu ermöglichen. Schon drei Mal baten mich Eltern um Hilfe für einen Sohn - und erst in der Schule erfuhr ich, dass er eine Schwester in der gleichen Klasse hat - für welche die Eltern nicht um Hilfe baten, für die ich dann aber auch zahlte. Wenn in Nepal eine neue Familie um Hilfe für drei oder fünf Kinder bittet, dann zahlen wir für ein oder zwei - und nach Möglichkeit für die Mädchen. (Denn um die Ausbildung der Jungs weiterzuführen, wird die Familie selber alles nur Mögliche versuchen; bei den Mädchen würden sie viel eher aufgeben.)
Dennoch werde ich manchmal kritisiert, dass "nur" etwa 30% unserer Schüler/innen Mädchen sind. (Das ist die Zahl für Lombok, heute; auf Bali sind es im Moment sogar 50%; für Nepal habe ich es aktuell nicht genau berechnet.)
Alle Entwicklungshilfe- und Bildungs-Experten sind sich einig, dass die Bildung der Mädchen und Frauen ganz wichtig ist für ihre Selbständigkeit, für die Dorfentwicklung, für Familienplanung und die Gesundheit der Familie. Und ich selber freue mich immer (und merke sofort den Unterschied!), wenn ich Kinder kennenlerne, deren Mütter lesen und schreiben können, ihnen bei den Hausaufgaben helfen, ihr Lernen beaufsichtigen.
Bei einem Mädchen, von dem ich sicher davon ausgehe, dass ihre Familie es unterstützt und sie wirklich Friseuse oder Köchin oder Büroangestellte werden und auch als solche arbeiten will, würde ich auch alles tun, um dies zu ermöglichen. (Und habe es ja schon oft genug getan.)
ABER...: Solange ich die dörfliche Mentalität nicht durchbrechen kann (und die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen können es ja offensichtlich auch nicht) und die Mädchen dann doch "nur" Hausfrau und Mutter werden: Habe ich da mit einer Ausbildung bis zur 10. oder 12. Klasse nicht viel Geld "in den Sand gesetzt"? Würde dieser zukünftigen Mutter und ihren Kindern nicht das Lesen, Schreiben und Rechnen, das sie bis zum Abschluss der Grundschule gelernt hat, völlig ausreichen?
Was nützt der Familie, dem Dorf, dem Land mehr? Eine Frau mit Fachoberschul-Abschluss, die ihre Kinder besser erziehen kann? Oder ein Mann mit Fachoberschul-Abschluss, der damit Geld verdient; seine ganze Familie und auch noch seine Eltern ernährt?
Ist es nicht typisch für die hiesige Mentalität, dass NOCH NIE eine junge Frau mich bat, ihr ein Studium oder den Besuch einer Fachhochschule zu bezahlen?!
Sollte ich nun also meine Vorgehensweise ändern? Dem "typischen Dorf-Mädchen" nur noch bis zur 6. oder allenfalls 9. Klasse zum Schulbesuch verhelfen? Und das Geld für die teuren oberen Klassen lieber für die jungen Männer und "zukünftigen Familien-Ernährer" reservieren?
??? - ??? - ???
Wenn Ihr eine Meinung dazu habt, würde ich mich freuen, sie zu lesen:
girls@j-dahm-stiftung.de
Sorgen für nächstes Jahr mache ich mir, weil dieses Jahr 12 unserer Nachmittags-Stammkinder in die 6. Klasse versetzt wurden. Unter ihnen sehe ich allenfalls zwei oder drei, deren Eltern den Besuch der Mittelschule vielleicht selbst finanzieren können. Wenn mir dann im gleichen Prozentsatz wie dieses Jahr neue förderungswürdige Schülerinnen und Schüler vorgestellt werden, müsste ich also 2006 mindestens 20 Kindern den Beginn der Mittelschule finanzieren. - ???
49 Kinder und Jugendliche, nachdem wir vom gemein-
samen Einkaufen aus der Stadt zurückkamen.
Vier weitere wurden am Samstag versorgt.
Und 15 Jugendlichen, die sich nicht pünktlich meldeten,
kaufe ich "zur Strafe" ihre neue Kleidung, Taschen
und Schuhe erst am kommenden Samstag; sie müssen
also eine Woche mit den alten Sachen zur Schule gehen.
19.7.2005: Nun sind also die beiden arbeitsreichsten Wochen des Sommers zu Ende...
Jeder Tag war wirklich ausgefüllt mit den täglichen und aktuellen Bedürfnissen. Ich fuhr kaum ans Internet, kam nicht dazu, Mails zu schreiben oder zu beantworten. Fertige und halb bearbeitete Sachen stapeln sich auch jetzt noch auf dem Schrank und dem Tisch. Gestern brachte ich die Kinder aus Zentral-Lombok nach Hause. Dort beginnen und enden die Ferien eine Woche später und sie hatten 6 Tage Strandurlaub bei mir verbracht. Für die Hiesigen begann gestern der reguläre Schulbesuch. Für 68 zahlen wir nun ganz oder teilweise. Weiteren 22 habe ich durch eine einmalige Schreibwaren-Grundausstattung den Start ins neue Schuljahr erleichtert.
Nun will ich aufräumen und aufarbeiten. Und demnächst werde ich Euch etwas "Statistik" liefern und endlich auch über die Schülerinnen und Schüler berichten, für die wir schon länger zahlen.
Die Kinder halfen mir und packten für jede/n Schüler/in die
von Klassenstufe und Schultyp abhängige Kombination von
Schreibwaren in je eine Plastiktüte.
13.7.2005: In zwei Tagen war ich zweimal auf der Bank und dreimal beim Großhändler. - Ich tippe Euch einfach mal meine Einkaufsliste ab:
3 Dutzend Malhefte DIN A3, 2 Dutzend Malhefte DIN A4, (nur) 4 Dutzend Kugelschreiber (weil ich noch Vorräte hatte), 5 Dutzend Bleistifte, 28 Schachteln Buntstifte, 6 Dutzend Spitzer, 6 Dutzend Radierer, 5 Dutzend Lineale, 5 Dutzend Tip-Ex.
Dazu drei Kartons mit insgesamt 1080 Heften - und die reichen noch lange nicht; ich werde noch mindestens einen weiteren Karton kaufen müssen.
12.7.2005: Es war wie verhext! Der folgende Text wollte einfach nicht zu Euch: Einmal hatte ich die Diskette vergessen (und das Internetbüro ist ca. 8 km von unserem Dorf entfernt); einmal war die Diskette kaputt und ich konnte die Datei nicht abschicken. Und heute war in dem Büro jeder einzelne Computer belegt, fünf Leute warteten auf einen frei werdenden Platz - und ich hatte keinen Nerv, mich in diese Reihe zu setzen. Morgen werden Euch diese Nachrichten hoffentlich erreichen - und ich kann gleich ergänzen, dass ALLE Mittelschüler die Aufnahmeprüfung bestanden. (Bei den Oberschülern gibt es mehr Probleme; darüber berichte ich demnächst.)
9.7.2005: Noch ist nichts endgültig. Wir stecken mitten in den Neu- und Wieder-Anmeldungen. (Für die neuen Mittelschüler ist heute erst der zweite Tag ihrer Aufnahmeprüfungen.) Trotzdem will ich Euch einen kleinen Zwischenbericht über unsere fast 30 neuen Schülerinnen und Schüler geben:
5 Grundschüler habe ich als unbedingt zu fördernd akzeptiert: Einer gab letztes Jahr aus Geldmangel die Schule auf und wird jetzt wieder in der 4. Klasse beginnen. Bei den anderen ist die häusliche Situation so (Vater verhaftet oder abgehauen oder arbeitslos), dass sie den Schulbesuch jetzt beenden müssten. (Einer davon ist Klassenbester!)
16 Kinder habe ich neu an einer Mittelschule angemeldet! Einem zahlte ich bereits die Grundschule. 7 davon kenne ich seit langem; die Grundschule konnten die Eltern noch selber zahlen. (Einer einzigen, die ich seit Jahren kenne, zahlen die Eltern auch die Mittelschule selber.) 9 Kinder wurden mir neu vorgestellt, weil die Eltern den Wechsel zur Mittelschule nicht finanzieren könnten. (Einer schloss bereits vor einem Jahr ab, verbrachte ein Jahr spielend, weil er mich nicht kannte und die alleinerziehende Mutter ihm die Mittelschule nicht zahlen konnte.) - Über die Anzahl der Kinder, die mir in den vergangenen sechs Wochen vorgestellt wurden, die ich aber ablehnte und für die wir nicht zahlen, habe ich keine genaueren Notizen gemacht.
(Und ich habe schon jetzt Angst vor dem Sommer 2006. Denn 12 unserer Nachmittags-Stammgäste wurden dieses Jahr in die 6. Klasse versetzt. - Und unter ihnen sehe ich allenfalls zwei, deren Eltern den Besuch der Mittelschule vielleicht selber finanzieren könnten. Das lässt 10, für die wir zahlen müssten - und dabei weiß ich noch nichts von all denen, die mir nächstes Jahr neu vorgestellt werden.)
2 Mittelschüler wurden mir von unserem "Geld-Verwalter" Amir vorgestellt, die bereits seit acht Jahren auf eigene Kosten lernten, aber nun aus finanziellen Gründen aufhören sollten.
2 Jugendlichen, die bis zur 9. Klasse ihren Schulbesuch selber finanzierten, erlauben wir durch eine Teil-Finanzierung den Start in die Oberschule.
Mit 3 Jugendlichen verhandele ich noch, weil ich ihre Ausbildung zum Lehrer "auf Kredit" finanzieren will: Sie sollen mir die Kosten später von ihrem Gehalt zurückerstatten.
4.7.2005: Dies ist noch längst nicht endgültig; und leider habe ich einige Zeugnisse bis heute noch nicht zu sehen bekommen. Trotzdem möchte ich Euch als eine Art "Zwischenbericht" einen Ausschnitt aus meinem heutigen Tagebuch zur Verfügung stellen:
13 neue Mittelschüler bevor sie
am 5. Juli zur Anmeldung fuhren.
(Mein Stellvertreter Amir hatte mir aus seinem Dorf 10 Kinder und deren Zeugnisse gebracht:)
Später rief ich mir einzelne heran, hatte Fragen. Dann versammelte ich alle, erklärte so einiges, redete über Fleiß und Noten und Betrügereien. Und erklärte ihnen, wie ich ihre Zeugnisse auswerte und was mir dabei wichtig ist. (Und wieder einmal: Nach 6-8 Jahren Schule weiß kein/e einzige/r, was die hinter ihren Noten eingetragenen Werte des Klassendurchschnitts zu bedeuten haben. - Meines Erachtens ein großes Versäumnis der Schulen, die das den Kindern nie erklären.)
Schon vorher und auch jetzt noch mal hatte ich mit Amir diskutiert; mich fast gestritten: Ich kann doch nicht für ALLE zahlen! Aber er argumentierte, dass dies doch schon seine Auswahl aus noch viel mehr Anfragen sei; dass diese Kinder es wirklich brauchen! Und wie kann ich einem Mädchen (selbst wenn sie schlechte Noten hat) "Nein" sagen, wenn der Vater polizeilich gesucht wird, die Mutter selbst gemachtes Wassereis verkauft - und die Alternative ist, dass sie nicht weiter zur Schule geht???!!!
Am Ende einigten wir uns darauf, dass ich für ALLE zahle, die von der örtlichen Grundschule auf die teurere und weiter entfernte Mittelschule wechseln; und dass ich für 6 Kinder und Jugendliche, für die ihre Eltern am gleichen Schultyp bisher ALLES selber gezahlt hatten, eben nur einen Teil zuschieße, nur die Gebühren und Zwangsspenden übernehme.
So haben wir nun - zusammen mit den Kindern aus der hiesigen Umgebung - und unter der Voraussetzung, dass alle in Aussicht gestellten Studenten das System des "Lernens auf Kredit" akzeptieren - 30 (!!!) neue Schülerinnen und Schüler, für die wir von heute an die Verantwortung übernehmen.
(Ohne die potentiellen Studenten - ausschließlich junge Männer - sind es 15 Schüler und 10 Schülerinnen.)
Dann kamen sehr sachliche Fragen: Die einen bekamen Gelder für die Wieder-Anmeldung; die anderen Anweisungen für die morgige (Erst-) Anmeldung an der Mittelschule. 12 Kinder werden sich morgen früh bei mir treffen, gemeinsam die Formulare ausfüllen, ihre Aktenmappen aussortieren. Dann werden Ripai (und Basri?) sie zur Mittelschule begleiten und sie dort anmelden. Heute Abend werde ich ihre Datenblätter vorbereiten; morgen werden sie von der Schule wieder zu mir kommen, diese Blätter ergänzen. (Namen der Eltern und Geschwister, medizinische Fragen usw.) Fünf von ihnen haben noch nicht genügend Passbilder; die werde ich anschließend fotografieren und im Computer bearbeiten...
Zuletzt machte ich mit Amir die medizinische Abrechnung, gab ihm Fahrgeld für alle. Dann war erst einmal Ruhe.
Und bis zum Abend hatte ich tatsächlich ein neues Abrechnungs-Formular für alle neuen Kinder entworfen und 11 neue Datenblätter erstellt; alle bisher gesammelten Informationen darin eingegeben.
28.6.2005: Als ich die letzte Nachricht für diese Seite abgeschickt hatte, erfuhr ich wenige Stunden später von einem neuen medizinischen Notfall: Der ältere Bruder einer unserer Schülerinnen wollte sie (mit einem geliehenen Moped und ohne Führerschein) von der Schule abholen. Er stieß mit einem anderen Moped zusammen. Der rechte Fuß ist gebrochen und die dicke Zehe wurde glatt abgetrennt. Als man mir davon erzählte, war die Zehe bereits beerdigt; er lag mit einem Verband am Fuß zu Hause und fiel immer wieder in Ohnmacht, weil die Familie kein Geld für den Gips und die nötigen Medikamente hatte. Inzwischen ist er versorgt, der Fuß ist eingegipst und er geht auf Krücken zur Schule. (Die Krücken gehören mir; von einem früheren Unfall; und werden immer dem geliehen, der sie gerade braucht.)
* Am Samstag gingen die Versetzungsprüfungen zu Ende. Bis heute hatten Schüler/innen, die in einem Fach sehr schlecht abschlossen oder krank waren, die Möglichkeit, sich nach-prüfen zu lassen. Am Donnerstag werden die Kinder und Jugendlichen, die einen Schul-Typ abschließen und an einen anderen wechseln müssen (d.h. die Schüler/innen der 6. und der 9. Klassen) ihre Zeugnisse bekommen, am Samstag alle anderen. Und dann werde ich entscheiden müssen, welche der bisher gut 30 Anträge ich annehmen werde und welche ich ablehnen muss - und mir raucht schon jetzt der Kopf beim Gedanken an diese "Auswahl": Denn die "reichen", die den Schulbesuch wohl selber finanzieren könnten, habe ich eh bereits aussortiert; die gut 30, die noch in der Liste stehen, sollten eigentlich alle gefördert werden - oder werden den Schulbesuch eben vielleicht beenden.
* Im Moment "bastele" ich an einem neuen System: 2004 habe ich tatsächlich alle Gelder verbraucht, die ich erhielt. Aber bis 2003 habe ich Rücklagen gebildet; denn jede/r Schüler/in, dem/r ich den Beginn der Mittelschule ermögliche, wird 4-5 Jahre später gegen Ende der Oberschule pro Jahr mehr als doppelt so viel Kosten verursachen. Nun will ich diese Rücklagen verwenden, um 3-4 Jugendlichen den Besuch einer Universität oder Fachhochschule zu finanzieren - sofern sie (und ihre Familien!!!) sich schriftlich verpflichten, mir die Kosten dieses Studiums später von ihrem dann gar nicht schlechten Gehalt in kleinen Monatsraten zurückzuerstatten. Dabei ist vor allem die Ausbildung zum Grundschullehrer interessant; denn an denen fehlt es in Indonesien noch immer, und die Chance, mit dieser Ausbildung arbeitslos zu werden, ist minimal. Im Moment stehe ich in Kontakt mit hiesigen Rechtsanwälten, die mir helfen sollen, diese "Verträge" so zu formulieren, dass ich diese Gelder dann auch wirklich zurückfordern kann, so dass sie dann den heutigen Mittelschul-Anfängern am Ende ihres Oberschul-Besuches zur Verfügung stehen werden.
22.6.2005: Gestern erlebte ich eine wunderbare Überraschung! Ich fuhr endlich ins südliche Zentral-Lombok, um unsere dortigen Schüler zu besuchen: Drei Grundschüler, einen Mittelschüler; und den jungen Mann, der mein Geld verwaltet und die vier betreut.
Unser "Überraschungs-Student" mit seiner Frau
und zwei der von ihm betreuten Grundschüler.
Auch für ihn hatte ich bis zum Abschluss der Oberschule vor einem Jahr bezahlt. Und eigentlich hatte er studieren und Lehrer werden wollen. Doch dann "musste" er heiraten (obwohl die Freundin nicht schwanger wurde; so streng sind hier die Sitten!) Seine Karriere schien beendet, er würde wohl in einem Hotel jobben oder als einer der viel zu vielen Guides in ihrem traditionellen Dorf etwas Geld verdienen...
Nun übergab er mir einen Brief, den er bereits geschrieben hatte für den Fall, dass ich noch später kommen würde. Dieser ängstliche Dorf-Jugendliche, der sich letztes Jahr (auch ohne Hochzeit) gar nicht sicher war, ob er sich trauen würde, ein Zimmer zu mieten und alleine in der Stadt zu leben, um die Uni zu besuchen, - der hatte sich Geld geliehen, sich ein Zimmer in der Distrikthauptstadt gemietet, sich selbständig an einem Tourismus-College eingeschrieben und sechs Monate lang die Theorie des Zimmerservice gepaukt. Er besitzt einen Pass, hat das Visum beantragt und die schriftliche Zusage für ein sechsmonatiges Training an einem Hotel in Malaysia. (Die Ausbildung dort wird hier hoch bewertet und er wird damit später vielleicht sogar auf Lombok Arbeit finden können.) In zwei bis drei Wochen wird er fliegen.
Fahrtkosten, Lebenshaltung in der Stadt: Das alles hatte er irgendwie selber finanziert. Im Brief listete er mir lediglich die Schulgebühren und die Zimmermiete auf: "Falls Du meine Schulden erstatten möchtest. Aber wenn nicht, ist das auch OK; Hauptsache Du kümmerst Dich weiterhin um die Kleinen." - Das sind 68,- Euro, die ich SEHR gerne erstatte!
18.6.2005: Heute war "Party" am Strand: Eigentlich sollte die Abschiedsfeier der ca. 60 Sechstklässler der hiesigen Grundschule in einem rund 25 km entfernten alten Wasserpalast mit Swimmingpool stattfinden. Aber die dafür nötigen Fahrtkosten von 1,30 Euro pro Kind konnte sich fast niemand leisten. Die Schüler überstimmten den Lehrer und die Feier wurde an den Strand gegenüber der Schule verlegt.
Die Kinder umringen den Lehrer und suchen
in der Tabelle nach ihrem Namen.
Zunächst saßen die Kinder nur rum, einige knabberten an mitgebrachten Snacks, andere diskutierten wohl ihre Hoffnungen oder Befürchtungen. Dann kam der offizielle Teil.
Es ist mir nicht bekannt, nach welchen Kriterien der Lehrer die einen beim Namen aufrief, andere nach ihrer Registrierungsnummer, und wieder anderen die Tabelle hoch über die Köpfe hielt, so dass sie ihren Namen selber suchen mussten; aber "spannend" war's, und es hat allen Spaß gemacht (obwohl wir ja eigentlich vorher wussten, dass alle bestehen würden, keine/r die 6. Klasse würde wiederholen müssen.)
Im Meer und am Strand wurde noch lange gefeiert.
Heute ging es nur darum, bestanden zu haben. Noten, Plazierungen und die Punktewertung, die so wichtig ist für die Anmeldung an weiterführenden Schulen unterschiedlicher Qualität, werden sie erst nächste Woche bei der Zeugnisausgabe erfahren. Wer immer nun also sein "lulus" gehört hatte, stürzte sich in voller Schuluniform ins Meer, in dem die Party dann feucht-fröhlich fortgesetzt wurde.
14.6.2005: Gute Nachrichten erhielt ich gestern von unserem Lehrer aus Nepal: Eine weitere Herzoperation (am 30. Mai) war erfolgreich und der Junge konnte am Samstag zurück in sein Heimatdorf fahren. Unser Lehrer schreibt "...er kann jetzt ganz normal gehen, ohne erschöpft zu sein. Seine Finger- und Zehennägel sind rosa und seine Lippen rot und gut durchblutet." (Früher waren die Nägel bläulich, die Lippen eher grau.)
Für diese Operation haben wir gar nichts bezahlt. - Aber meine Korrespondenz dazu umfasst inzwischen mehr als 30.000 Anschläge.
Falls Euch die Vorgeschichte interessiert, will ich gerne ein bisschen erzählen:
Der Junge (bevor er operiert wurde)
mit Eltern und älterem Bruder.
Im Februar kamen zwei junge Männer in mein Zimmer in Nepal. Die Armen-Apotheke der Deutsch-Nepalischen Hilfsgemeinschaft habe sie zu mir geschickt. Sie seien Sozialarbeiter bei einer Behinderteneinrichtung in Süd-Nepal, etwa 200 km von Kathmandu entfernt. Privat hätten sie die Verantwortung für den achtjährigen Sohn eines Rikshafahrers übernommen, der ein Loch im Herzen habe und operiert werden müsse. Mit ihrem gedruckten Bettelbrief hätten sie bisher etwa 75.000 Rupien gesammelt, davon 15.000 für die Voruntersuchungen ausgegeben. 65.000 (oder etwa 720,- Euro) fehlen noch zu den geschätzten Kosten der Operation.
Ich sagte ihnen gleich, dass ich keine Gelder frei habe; ich könne nur versuchen, mich um externe Sponsoren zu bemühen. - Leichter gesagt als getan: Nach vielen Mails hatte ich schließlich zwei Zusagen über einmal 100 Dollar und einmal 100 Euro.
Inzwischen hatte ich herausgefunden, dass die Sozialarbeiter schlecht informiert waren, keine Ahnung über die Abläufe in der Herzklink hatten, nun auch mit noch höheren (unnötig hohen) Kosten kalkulierten. In vielen Seiten langen Mails erklärte ich ihnen alles, was ich nach meinen bisherigen Erfahrungen mit bereits zwei solcher Operationen wusste. Zugleich versuchte ich über Mails an alle meine Bekannten in Nepal Blutspender für diese Operation zu finden. Denn bei den Herzoperationen würden in einem Notfall die gekühlten Blutkonserven nicht ausreichen und es müssen immer drei Personen mit der passenden Blutgruppe während der ganzen Operation (bei diesem Jungen dauerte sie fünf Stunden) anwesend sein, um frisches Blut spenden zu können.
Schließlich informierte mich der eine Sozialarbeiter, dass der Operationstermin vorverlegt wurde - und dass sie schon über 300,- Euro MEHR gesammelt haben als für die Operation des Jungen nötig sei. Sie planen, damit eine Stiftung zu gründen, die auch anderen Herz-Patienten zu ihren Operationen verhilft. Ich stoppte daraufhin die von mir organisierten Gelder; sie zahlten alles selbst. Unser Lehrer stand ihnen nur noch beratend zur Seite - und stand zugleich selber als möglicher Blutspender zur Verfügung.
12.6.2005: Viel Neues gibt es nicht zu berichten. Ich mache weiterhin Notizen zu immer neuen Anträgen von Schülerinnen und Schülern, für die wir zahlen sollen. Aber bisher sammele ich nur Informationen. Entscheiden werde ich erst, wenn ich Zeugnisse gesehen habe; und kann ich erst, wenn ich A) weiß, wie viele Anträge letztendlich vorliegen; und B) weiß, wie viele der Oberschüler ihren Abschluss schaffen und hoffentlich keine weitere Förderung mehr brauchen, so dass diese Gelder für Jüngere zur Verfügung stehen.
Weiterhin gehe ich mit jedem "neu" kommenden Schüler (denn viele kommen ja nur einmal pro Woche; manche noch seltener) Amirs Abrechnungen durch und suche nach Fehlern und Unklarheiten.
Gestern hatte ich eine Besprechung mit den 13 von uns bezahlten Erstklässlern aus zwei Mittelschulen (7. Schuljahr), die seit 10 Monaten Englisch lernen und teilweise noch absolut gar nichts verstehen. An der einen Schule haben sie kein einziges Lehrbuch; was der Lehrer an die Tafel schreibt, übertragen sie mit vielen Fehlern in ihre Hefte und versuchen dann zu Hause, das zu übersetzen. Und neulich bekamen sie zum ersten Mal fotokopierte Arbeitsblätter - die nach meiner Einschätzung für einen Zehntklässler an einer Tourismus-Fachschule geeignet waren. Zum Einen werde ich dies demnächst bei der Vertrauenslehrerin und eventuell auch dem Direktor ansprechen. Zum Anderen wollen wir versuchen, mit einem privaten Englischunterricht (durch mich, 3x pro Woche) die Defizite etwas auszugleichen.
Die 6.-Klässler der Grundschulen hatten Montag bis Donnerstag ihre Abschlussprüfungen (und alle anderen vier Tage frei). Und auch hier sehe ich zukünftige Probleme bereits vorprogrammiert: Den schwächeren Schülern wurde extrem geholfen, von den Lehrern selbst fast alles vorgesagt. Es ist zu erwarten, dass alle die Prüfung bestehen. Das ist gut für die Reputation der Schule; und angenehm für die Lehrer, die sich mit schlechten Schülern nicht ein weiteres Jahr plagen müssen. - Ausbaden müssen es die Mittelschulen, an welche diese Kinder versetzt werden.
5.6.2005: Gestern Abend kurz vor Mitternacht gab ich die letzte Buchung aus Amirs Abrechnungsbüchern in meine Excel-Datei ein: 25,3 Millionen Rupien oder gut 2000,- Euro in 3.386 einzelnen Buchungen. (Und dabei habe ich schon manche Bestelllisten für Bücher oder Praktikums-Materialien zu einer einzigen Summe zusammengefasst.)
Wie es damit nun weiter geht und was ich am heutigen Sonntag sonst so anstellte, könnt Ihr bitte meinem Tagebuch entnehmen, dass ich gerade (23.30 Uhr) fertig schrieb:
Gegen Mittag kam Amir; mit einer Entschuldigung, weil er gestern keine Zeit hatte - und mit sieben Jugendlichen und Kindern im Schlepp; denen aus Senggigi, für deren Schule zu zahlen er mich bittet.
Namen, Berufe der Eltern, Zeugnisse usw. hatte er mir längst gebracht und ich mir alles notiert; nun ging es also ums Kennenlernen. Ich tat zunächst mal mit Amir beschäftigt - und beobachtete; wer ganz scheu ist, wer vor der Tür saß; wer gleich mit unseren Kindern Puzzle legte oder in den Spielsachen wühlte; wer am Computer Interesse zeigte oder sich gar schon auszukennen schien.
Nach dem Mittagessen ließ ich mir dann erklären, wer zu welchem der bereits notierten Namen gehörte, hatte noch einige Fragen, machte weitere Notizen. Ich erklärte ein bisschen, wie wir arbeiten, was ich von ihnen erwarte; zeigte Jahresbericht und Homepage und erklärte, wo die Gelder herkommen... (Und dass ich zur Zeit nur "sammele"; erst nach der Zeugnisausgabe entscheiden werde, für wen wir zahlen können.)
Irgendwann gab ich Amir Geld für die Busfahrten und sie machten sich wieder auf den Weg nach Hause.
Es kamen noch 4 oder 5 Jugendliche aus Senggigi, einige hatten Fahrgelder zu bekommen, andere Schulden zu erstatten. Zwei brachten mir die Zeugnisse ihrer Hotel-Praktika und Arbeitseinsätze, um die ich gebeten hatte. Und eine brachte mir einen weiteren Grundschulabsolventen mit, für den ich bitte zahlen solle.
Den ganzen Tag war ich jede freie Minuten (na ja; fast jede ...) an der Abrechnung. Kind für Kind ging ich zuerst die Schreibwaren durch, markierte, wer sich zu viel holte (bis zu 10 Kulis oder 7 Lineale oder 5 Tip-Ex in neun Monaten); oder auch wer sich fast gar nichts holte (den oder die ich dann fragen werde, wie sie oder er lernt, wenn er fast keine Kulis oder Hefte verbraucht). Dann ging ich an die ausgezahlten Gelder, wo ich aber nicht mehr sehr viele Fehler fand: Das meiste war mir schon beim Eingeben aufgefallen und ich hatte es rot markiert; wenn alle die gleichen Bastelarbeiten machen und die Sachen bei manchen viel mehr kosten als bei anderen; oder wenn plötzlich ein 7.-Klässler die gleiche Bastel-Einkaufsliste vorlegt wie sein Freund in der 9. Klasse. Nun las ich also bei jedem einmal die Liste aller Ausgaben durch; dann machte ich Stichproben, indem ich mir (mit der genialen neuen Art von Tabelle) alle Einträge, die das Wort Rock, oder Mütze, oder Reißverschluss oder Schwimm-Ausflug enthielten, anzeigen ließ. Vor allem beim Kaufen, Nähen und Reparieren von Kleidung stieß ich auf viele Unstimmigkeiten; zu viele Schwimm-Ausflüge zu äußerst unterschiedlichen Preisen; und bei "Buch" fand ich einen, der in einem Semester dreimal Geld für das gleiche Lehrbuch mitnahm - was sich aber schnell aufklärte, weil alle Bücher das gleiche kosten und er nur "Ökonomie" auf den Bestellzettel schrieb, obwohl er eigentlich Mathe kaufen musste. (Und einmal war es mein Fehler; weil ich beim Wechsel zum nächsten Kind vergaß, dessen Namen einzugeben und dadurch die Einkäufe von zwei Schülern auf einen Namen gebucht wurden.)
Zuletzt teilte ich noch die Summe der ausgezahlten Fahrtkostenzuschüsse je Schüler/in durch den wöchentlichen Zuschuss des Einzelnen (den wir nach der Entfernung zur Schule individuell festlegen). Aus dem Ergebnis dieser Division konnte ich (nach Berücksichtigung unterschiedlich langer Ferien und individueller Praktika) schnell übersehen, dass sich niemand zu viele Fahrtkostenzuschüsse erschlich. (Früher waren manche drei Wochen gar nicht gekommen und hatten dann "für die letzten vier Wochen" kassiert; aber Amir hatte sehr genau auf regelmäßige wöchentliche Auszahlung geachtet und hier scheint es kaum Unstimmigkeiten zu geben.)
Fertig bin ich noch lange nicht. Mit jedem Schüler/in der oder die von nun an kommt, werde ich seine/ihre Buchungen durchgehen, werde mir evtl. Bücher und Hefte zeigen lassen. Dann kommen die "nicht schüler-spezifischen" Buchungen; Fahrtkosten und andere Spesen; Medizinisches; Einkäufe von Schreibwarenvorräten und deren Vergleich mit den ausgeteilten Schreibwaren und dem Rest, den ich zurück erhielt; ... Dann die Salden und Zwischensummen mit den Abhebungen vom Sparbuch vergleichen ... Und ich weiß noch gar nicht genau, was mir sonst noch alles einfallen wird.
2.6.2005: Kleiner Zwischenbericht gefällig?:
Drei Tage lang war mein Clo verstopft; seit gestern funktioniert es wieder. Dafür konnten wir gestern Abend die Zimmertür nicht mehr öffnen: Ich stieg durchs Fenster aus; der zufällig an der Rezeption anwesende Handwerker half uns, die Tür zu "sprengen", so dass ich sie mit dem Schlüssel öffnen und verschließen kann; ein neues Schloss und funktionierende Türklinken sollen wir morgen bekommen.
Bis auf zwei Schülerinnen haben mich inzwischen alle der in der näheren Umgebung Wohnenden besucht. (Die Kinder und Jugendlichen im südlichen Lombok wissen noch nicht einmal, dass ich hier bin; die muss ich demnächst besuchen.) Bisher ist überwiegend alles OK.
Ein Mittelschüler (der schon früher faul war) geht selten zur Schule, scheint aufgeben zu wollen. (Ist mir bei ihm gerade recht...) Ein Oberschüler hatte im Zwischenzeugnis sehr viele schlechte Noten; und wenn er sich bis zur Versetzung nicht EXTREM verbessert, werde ich ihn streichen. Und eine Oberschülerin (18 Jahre) hat die Schule aufgegeben, hat vor einer Woche geheiratet, ist im 2. Monat schwanger. (Schade! - Aber da ist immer noch so viel Vertrauen, dass sie am kommenden Montag zur ersten Schwangerschaftsuntersuchung nicht mit ihrem Ehemann gehen wird, sondern mich bat, sie zu begleiten.)
Ansonsten ist bisher alles OK; die Noten der Zwischenzeugnisse waren viel besser als vor einem Jahr.
Neue Schüler:
Bisher habe ich
* 5 Anfragen von Jugendlichen, die die Oberschule abschließen werden und nun ein Arbeitstraining, eine Fachhochschule oder die Universität besuchen sollten;
* 1 Schüler, der letztes Jahr die Mittelschule abschloss, ein Jahr arbeitete und unbedingt die Oberschule besuchen möchte;
* 9 der mich täglich besuchenden Nachmittagskinder, die die Grundschule abschließen werden und denen ich den Start in der (teureren und weiter entfernten) Mittelschule bezahlen sollte;
* aus Amirs Heimatdorf 4 Kinder, die die Grundschule abschließen werden und deren Eltern sich die Mittelschule nicht leisten können;
* 2 Jugendliche, die bereits die Mittelschule besuchen, aber aus finanziellen Gründen aufhören sollen;
* 1 Junge, dessen Vater kürzlich verstarb und dem die Mutter nicht einmal die Grundschule bezahlen kann.
Dazu im hiesigen Dorf einen Jungen, der aus Geldmangel in diesem Jahr die Grundschule in der 4. Klasse aufgab; und der ein jüngeres Geschwister hat, das eigentlich auch längst eingeschult werden sollte.
27.5.2005: Ich bin "mit Hochdruck" damit beschäftigt, Amirs Abrechnungen der vergangenen 9 Monate auszuwerten. Im nebenstehenden Foto sehr Ihr aus seinem "Kassenbuch" die Seiten des 31.12.2004 und des 1.1.2005 - und ich habe fast ein schlechtes Gewissen, wenn ich sehe, WIE viel Arbeit er sich gemacht hat: Ganz konsequent hat er jeden Samstag Nachmittag die Kinder und Jugendlichen des einen Dorfes zu sich kommen lassen; und ist jeden Sonntag Abend in das andere Dorf gefahren, um die dortigen Schüler/innen zu versorgen. Zwar hat er aufgrund der größeren Anzahl der zu Betreuenden mit etwa 25 Millionen Rupien (ca. 2.300,- Euro) mehr als doppelt so viel verbraucht wie sein jüngerer Bruder im Jahr zuvor; - aber dafür umfassen seine Abrechnungen fast fünf Mal so viele Seiten (220 Seiten im Folio-Format, wie Ihr sie auf dem Foto seht!) - und ich habe bisher noch kaum Fehler gefunden!
Für je eines der beiden wöchentlichen Treffen
erhalte ich bis zu fünf Seiten solch detaillierter Abrechnungen.
Ich bin nun damit beschäftigt, all diese Buchungen, Notizen und Informationen in eine einzige endlos lange Excel-Tabelle einzugeben (im Moment bin ich mit dem 31.12.2004 bei Zeile 1386 angelangt!), auf die ich später Filter ansetzen kann, die mir genau sagen, wie viel wir für eine/n Schüler/in ausgaben; oder wie viel für Fahrtkostenzuschüsse; oder wie viele Kulis Amir ausgab; oder wie viele Kulis an eine bestimmte Schülerin...
Wenn ich erst einmal alles eingegeben habe, werde ich das nach hunderten von Kriterien "kreuzweise" auswerten. Dann werde ich herausfinden, wer für Bastelarbeiten und Praktika IMMER mehr braucht als die Freunde in der gleichen Klasse; wer ZU viele Kulis verlangt, verbraucht, verschleißt oder verliert; wer sich ZU viele Hefte geben lässt (und diese vielleicht an die Klassenkameraden verkauft???). Dann wird es Rückfragen, Anschisse, Diskussionen geben; ich werde einige Eltern einbestellen, Limits setzen, Etats kürzen - oder dem einen oder anderen nur noch Gebühren und Uniformen, aber nicht mehr die vielen kleinen (schwer zu kontrollierenden) Extras bezahlen...
Der höchste
bisher gebaute
Dominosteine-
Turm. - Fast
hätte er (der
kleine Junge
ganz alleine)
die 75. Etage
erreicht - und
mehr Steine
besitzen wir
gar nicht.
22.5.2005: Heute bekam ich sechs E-Mails - und einen großen Schreck und etwas kalte Füße! Gleich zwei dieser Mails baten mich, für die Finanzierung je einer weiteren Herz-Operation zu sorgen oder zumindest dabei zu helfen.
Ein Mann, von dem ich nicht weiß, wer ihm meine Mail-Adresse gab, schickte mir neben einem Brief gleich eine zip-Datei mit allen Krankenhaus-Berichten. Seine 16jährige Tochter hat ein Loch in der Herzscheidewand; die Operation soll knapp 900,- Euro kosten.
Ein guter Freund (Nepali; Besitzer einer kleinen Reiseagentur) berichtet mir von einem 14jährigen Jungen, der mit einem fotokopierten Brief bettelnd durch die Stadt zieht: Er sei mit Brustschmerzen ins Krankenhaus gegangen, sei ins Herzzentrum überwiesen werden. Die Operation seiner defekten Herzklappen solle fast 2000,- Euro kosten. (Von diesen 175.000,- Rupien habe er inzwischen schon [erst!] 12.000,- selber sammeln können.)
Falls Ihr irgend jemanden kennt, der sich speziell für solche medizinischen Probleme interessiert und engagiert, dann leitet doch bitte die hier zur Verfügung gestellte kleine PDF-Datei (nur die beiden Briefe; 13 KB) an ihn weiter. (Ich kann es mir zur Zeit nicht leisten, hierdurch meinen / unseren allgemeinen oder schulischen Etat zu belasten. Ich denke daher vor allem an Personen oder auch Hilfswerke, die ansonsten für unser Projekt oder meine Schul-Förderung nicht spenden würden; die aber einen solchen medizinischen Fall - auf Wunsch auch direkt und ohne meine Vermittlung - unterstützen möchten.)
Hier in Indonesien habe ich in den wenigen Tagen bereits vier Anfragen von Jungendlichen, die nach Abschluss der Oberschule eine Fachhochschule besuchen müssten. Acht unserer Stammkinder werden die Grundschule abschließen und traditionsgemäß sollte ich ab der weiter entfernten und viel teureren Mittelschule für sie zahlen. (Und der Junge, der auf nebenstehendem Foto den hohen Turm baut, brach in der 4. Klasse wegen Geldmangels den Besuch der Grundschule ab; auch ihn sollte ich unbedingt wieder einschulen.)
Und bitte seid mir nicht böse, wenn zur Zeit jeder zweite meiner Berichte nur vom fehlenden Geld handelt... Das ist nun mal zur Zeit mein größtes Problem - und ich möchte doch so gerne allen helfen können...
19.5.2005: Dienstag früh fuhr ich nach Padang Bai und ging auf die Fähre nach Lombok. Nach fünf Stunden Überfahrt und noch einer Stunde auf dem Motorrad kam ich gegen 15.30 Uhr in meiner üblichen Pension an.
Das Personal hatte einem der Jugendlichen erzählt, dass ich für diesen Tag mein Zimmer telefonisch vorbestellte; und er hatte die Nachricht im Dorf verbreitet. Die Ersten erwarteten mich bereits am Straßenrand und bis zum Abend hatten mich bereits 38 (!) unserer Kinder und Jugendlichen aus diesem Dorf besucht.
Für jedes Kind, das erstmals kommt, mache ich einen Vermerk in seiner/ihrer Karteikarte. Im Moment (nach genau zwei Tagen) bin ich bei 48 der "registrierten" Kinder; plus 4-5 ganz Neue; plus ca. 10, die so jung sind oder letztes Jahr noch so neu waren, dass ich für sie noch kein Datenblatt anlegte.
"Domino Day" vor meinem Zimmer, während sie aufs
Frühstück warten. Im Hintergrund sitzt einer am
Computer mit dem Zehn-Finger-Lernprogramm.
Seit gestern habe ich alle Spielsachen ausgepackt; vor allem die erstmals mitgebrachten Dominosteine wurden mit großer Begeisterung angenommen.
Gestern Abend loste ich unter den bis dahin gekommenen Kindern die Reihenfolge aus, in der sie sich aus der mitgebrachten Kleidung je ein Teil aussuchen dürfen. Heute begannen wir mit der Verteilung.
Den ganzen Tag bin ich überwiegend mit Zuhören (und auch Fragen) beschäftigt, lasse mir von der Familie und der Schule erzählen - und höre sehr genau zu, was jede/r über die anderen Kinder erzählt und finde schnell heraus, wo diese Informationen nicht übereinstimmen.
Bisher bin ich mit dem, was ich höre, überwiegend zufrieden; die schulischen Leistungen sind besser als im Vorjahr und ich habe bisher nur zwei Problemfälle, um die ich mich kümmern muss (plus einen, an dem ich eh nichts mehr ändern kann):
Ein Zehnjähriger hat seit 5 Tagen wässrig-blutigen Durchfall. Heute war ich mit ihm beim Arzt.
Eine 18jährige Zehntklässlerin war seit drei Wochen nicht in der Schule und will unbedingt heiraten. Heute bereits besuchten mich ihre Mutter und der zuständige Dorf-Bürgermeister: Er ist zugleich "Standesamt" und will die Hochzeit nicht arrangieren (und damit den Schul-Abbruch besiegeln), ohne mich als "den Ziehvater" um Erlaubnis gefragt zu haben. Die Mutter behauptet, das in der Schule kursierende Gerücht, dass das Mädchen schwanger sei und heiraten müsse, stimme nicht. Und so werde ich versuchen, sie davon zu überzeugen, dass der Abschluss der Schulbildung für sie der bessere Weg sei.
Ein Zwanzigjähriger, der vor Jahren die Schule abbrach und schon häufiger Probleme machte, stahl im Suff und sitzt seit November und noch bis ca. Juli im Gefängnis.
15.5.2005 = Pfingsten: Ich wünsche Euch schöne Feiertage!!!
Ich habe in den letzten Tagen alle unsere Kinder in Ostbali je zweimal besucht:
12.5.2005: Seit gestern bin ich in Candi Dasa. Drei unserer Schüler im Osten Balis habe ich besucht; die Abrechnungen stimmten, die Zwischenzeugnisse waren OK. Mehr gibt es noch nicht zu berichten.
Im Übrigen bin ich damit beschäftigt, Rückstände aufzuarbeiten, Nepal endlich abzuschließen. Ich habe jetzt mal gerade meine eigenen Nepal-Abrechnungen geprüft und gesäubert, habe begonnen, aus all den Medizin-Abrechnungen und Notizzettel-Dateien all die vielen Infos in die Datenblätter der Kinder (immer noch Nepal!) zu übernehmen. Dann kommen die letzten 6 Monate Abrechnungen meines Lehrers dran; und bis dahin bin ich längst auf Lombok und muss Amirs Abrechnungen (25 Millionen Rs. aus 9 Monaten) aus seinem Kassenbuch in meinen Computer eingeben.
Aber bei all diesem genieße ich das Klima, das Essen, das Rauschen des Meeres und das Zwitschern der Vögel. - Es geht mir gut!
6.5.2005: Seit gestern Abend bin ich wieder in Indonesien. Ein paar Tage werde ich in Legian bleiben: Friseur und Einkäufe, Freunde besuchen und Schreibarbeit erledigen.
Nächste Woche werde ich die Kinder und Jugendlichen im Osten Balis besuchen, dann bald nach Lombok übersetzen und Euch wieder regelmäßig berichten.
Links auf fremde Internetseiten sind lediglich Hinweise auf deren Existenz. Ich übernehme keinerlei Verantwortung für deren Inhalt.
Das Layout ist abgestimmt auf den Internet Explorer mit einer Auflösung von mindestens1024 x 768.
© Copyright Jürgen Dahm 2005 all rights reserved.
Homepage
Mail
Letzte Aktualisierung: (Siehe Datum am Beginn dieser Seite.)